Produktives Arbeiten im digitalen Zeitalter – eine Illusion?

 Produktives Arbeiten im digitalen Zeitalter – eine Illusion?
Die Arbeitswelt unterlag schon immer einem stetigen Wandel, doch gerade in den letzten zehn Jahren hat sie sich massiv und nachhaltig verändert. Wie wirkt sich das auf die Mitarbeiter aus – und mit welchen Herausforderungen haben die Erwerbstätigen heute zu kämpfen?

„Der digitale Wandel fordert viel von den Mitarbeitern: Ständige Erreichbarkeit, Multitasking, hoher Lärmpegel in Großraumbüros und ständige Störungen wie aufploppende E-Mails, Telefonanrufe und Arbeiten auf Zuruf“, so Dr. Consuela Utsch, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens Acuroc .

Wie können Mitarbeiter trotz der veränderten Arbeitswelt noch effizient und produktiv arbeiten? Sind Unternehmen auf die Anforderungen des digitalisierten Zeitalters vorbereitet? Welche Weichen müssen Unternehmen stellen, um einerseits Mitarbeiter vor Überforderung zu schützen und andererseits Effizienz und Produktivität zu steigern?
Im Strudel der Anforderungen
Mit einem Ohr am Telefon, parallel die E-Mails kontrollieren und gleichzeitig einen Text überarbeiten – so läuft es täglich in vielen Büros auf der ganzen Welt ab. Häufige Störungen im Arbeitsalltag lassen keinen echten Arbeitsfluss mehr entstehen. „Zurück bleibt bei vielen Arbeitnehmern das Gefühl, den Anforderungen nie gerecht zu werden und nicht die eigenen Aufgaben bearbeiten zu können, sondern größtenteils nur auf Zuruf zu agieren“, so Utsch. „Mitarbeiter haben häufig den Eindruck, auf der Stelle zu treten und nicht mit ihren Aufgaben voranzukommen.“
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin stellt in ihrem Papier „Arbeitswelt im Wandel“ fest, dass viele Erwerbstätige von Multitasking, starkem Termin- und Leistungsdruck sowie von Störungen und Unterbrechungen bei der Arbeit betroffen sind. Die meisten von ihnen nehmen die Bedingungen als sehr belastend wahr. Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen; sowohl Konzentration als auch Effizienz leiden darunter (siehe dazu auch den Link am Ende des Artikels).
Unternehmen sind am Zug
Aktiv werden müssen daher auch die Unternehmen: Es nützt wenig, Sportkurse zu bezahlen, Obstkörbe zu spendieren und Präventionsprogramme zum Thema „Burnout“ anzubieten, wenn die Strukturen und die Bedingungen der Arbeit veraltet sind. In der Realität beeinträchtigen die ständige Informationsflut und die Unterbrechungen den Arbeitsprozess nachhaltig.
„Da hilft kein weiterer Kurs – sondern nur, die Prozesse und Arbeitsbedingungen im jeweiligen Unternehmen genau unter die Lupe zu nehmen“, empfiehlt Utsch. „Zu viele Störungen im Arbeitsfluss und permanentes Multitasking sind kontraproduktiv. Nicht nur die einzelnen Mitarbeiter, auch die Produktivität und Effizienz des ganzen Unternehmens leidet schlussendlich darunter.
Die Unternehmensberaterin rät: „In nahezu allen Unternehmensarten und -größen kann ein rollenbasiertes System die stressauslösenden Bedingungen aufheben. Ein auf Rollen ausgerichtetes System sorgt für mehr Transparenz und Planbarkeit. Jeder Mitarbeiter weiß so, wer sich zu welcher Zeit in welcher Rolle befindet und wann der betreffende Mitarbeiter offen für Telefonate und andere Anfragen ist.“ So kommt es zu weniger Störungen im Arbeitsalltag und die vorhandene Arbeitszeit lässt sich effektiver nutzen.
Produktivität und Effizienz
Die Anforderungen des digitalisierten Zeitalters bieten für Unternehmen die Chance, sich grundlegend zu reformieren. „Wenn Firmen die Verantwortung für ihre Prozesse und Arbeitsbedingungen übernehmen, sind sie und ihre Mitarbeiter gerüstet für die neue Arbeitswelt. Nutzen Unternehmen diese Gelegenheit nicht aktiv, haben sie zukünftig das Nachsehen“, warnt Dr. Utsch.
Wenn die Mitarbeiter gute Arbeitsbedingungen vorfinden und eine klare Rollenverteilung im Unternehmen gelebt wird, steigt automatisch die Effizienz. Dies macht Unternehmen langfristig produktiver und schützt gleichzeitig die Gesundheit der Mitarbeiter. Hierfür müssen das Anforderungsmanagement, Portfoliomanagement sowie das Ressourcenmanagement aber auch gezielt gesteuert werden.
Hannah Bartl ist für Borgmeier Public Relations in Delmenhorst tätig.