Bonusanspruch: Wenn das Gericht entscheiden muss

 Bonusanspruch: Wenn das Gericht entscheiden muss

Die Höhe von Bonuszahlungen kann in Ausnahmefällen durchaus ein Fall fürs Arbeitsgericht sein. Foto: Erwin Wodicka / fotolia.

Behält sich der Arbeitgeber laut Arbeitsvertrag vor, über die Höhe eines Bonusanspruchs nach „billigem Ermessen“ zu entscheiden, unterliegt diese Entscheidung der gerichtlichen Überprüfung. Spiegelt die Entscheidung des Arbeitgebers über den Bonus nicht die Leistung des Angestellten wider, so ist sie unverbindlich und die Höhe des Bonus durch das Gericht festzusetzen.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn und bezieht sich dabei auf eine Entscheidung, welche das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 03.08.2016 gefällt hatte.

Die Ausgangssituation
Der Kläger des Verfahrens war vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung einer internationalen Großbank als Managing Director beschäftigt. Vertraglich war vereinbart worden, dass der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem teilnimmt. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung erhielt er für das Geschäftsjahr 2009 eine garantierte Leistung in Höhe von 200 000 Euro, für das Geschäftsjahr 2010 waren es 9920 Euro. Für das Jahr 2011 erhielt der Kläger keinen Bonus. Andere Mitarbeiter erhielten dagegen Leistungen, die sich der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte der jeweiligen Vorjahresleistung bewegten.
Der Manager wollte daher über den Rechtsweg die Zahlung eines Bonus für das Geschäftsjahr 2011 durchsetzen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird – mindestens aber 52 480 Euro. Das Bundesarbeitsgericht hat die beklagte Bank schließlich zur Zahlung eines Bonus in Höhe von 78 720 Euro verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hatte zuvor noch die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, die eine gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe ermöglichten.
Die gerichtliche Begründung
Die Revision des Klägers beim BAG hatte schließlich Erfolg. Der Kläger hatte nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien einen Anspruch auf einen Bonus, der nach „billigem Ermessen“ (also auf Basis eines angemessenen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung) festzusetzen war. Da die beklagte Bank nicht schlüssig darlegen konnte, weshalb sie den Bonus für 2011 auf null festgesetzt hatte, war diese Festsetzung unverbindlich. Die Leistungsbestimmung musste daher gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht erfolgen. Grundlage für die Festsetzung durch ein Gericht sind die Darstellungen – man spricht in diesem Kontext auch von Sachvorträgen – der Parteien. Äußert sich der Arbeitgeber dabei zu bestimmten Faktoren nicht, geht dies nicht zu Lasten des Arbeitnehmers. Von diesem kann dabei kein Vortrag zu Umständen (etwa einem bestehenden „Bonustopf) verlangt werden, die außerhalb seines Kenntnisbereichs liegen. Die Erhebung einer darauf abzielenden Auskunftsklage gegenüber seinem Arbeitgeber kann ihm in der Regel nicht zugemutet werden. Vielmehr ist die Leistung durch das Gericht aufgrund der aktenkundig gewordenen Umstände festzusetzen. Dies können etwa die Höhe der Leistung in den Vorjahren, wirtschaftliche Kennzahlen oder Ergebnisse von Leistungsbeurteilungen sein. Eine gerichtliche Leistungsfestsetzung scheidet nur dann ausnahmsweise aus, wenn jegliche Anhaltspunkte hierfür fehlen. Dies war hier entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht der Fall, wie das BAG nun festgestellt hat.
Michael Henn ist Fachanwalt für Arbeits- und Erbrecht sowie Präsident des VDAA – Verband Deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V.
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=18872
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