Talfahrt im Firmenkundengeschäft der Banken beschleunigt sich

 Talfahrt im Firmenkundengeschäft der Banken beschleunigt sich

Firmenkunden brauchen das Know-how ihrer Bank. Allerdings müssen sich die Institute deutlich schneller und konsequenter auf die veränderten Rahmenbedingungen im digitalen Zeitalter einlassen. Bild: Citysam

Der Hoffnungsträger vieler Banken, das Firmenkundengeschäft, gerät immer stärker unter Druck. Im zweiten Halbjahr 2017 sank der „Bain-Corporate-Banking-Index“ in den beiden Dimensionen Ertrag und Profitabilität auf den tiefsten Stand seit dem Krisenjahr 2009. Bain-Partner Dr. Christian Graf warnt allerdings davor, für die Rückgänge allein das historisch niedrige Zinsniveau verantwortlich zu machen: „Fakt ist auch, dass der Wettbewerb im Corporate-Banking mittlerweile zum Teil ruinöse Züge trägt. Zahlreiche Institute verfolgen aggressive Expansionspläne, einige verzichten sogar komplett auf Margen, um ihr Geschäft auszuweiten.“

Die Konsequenzen sind insbesondere im Kreditgeschäft sichtbar. Zwar steigt die Nachfrage hier unaufhörlich – mit knapp 1,1 Billionen Euro erreichte das Kreditvolumen im zweiten Halbjahr 2017 erneut einen Rekord. Doch die Kreditmarge verharrte mit 1,3 Prozent auf einem historisch niedrigen Niveau. „Viele Marktteilnehmer hoffen, mit günstigen Krediten die Tür für margenträchtigere Geschäfte auf Provisionsbasis aufzustoßen. Doch in der Realität bleibt das Cross-Selling zumeist hinter den Erwartungen zurück“, erläutert Bain-Partner Dr. Jan-Alexander Huber. Im zweiten Halbjahr 2017 seien branchenweit sowohl die Zins- als auch die Provisionsüberschüsse. Gesunken. Wer kurzfristig auf Marge verzichte, unterminiere langfristig das eigene Geschäft.

Verwaltungskosten teilweise deutlich gestiegen

Angesichts wieder zunehmender Verwaltungskosten und des 50-prozentigen Anstiegs im Bain-Index zur Messung der Kreditrisikovorsorge spitzt sich die schwierige Lage weiter zu. Mit umfassenden Sparprogrammen war es den Banken in den vergangenen zwei Jahren gelungen, ihre Overhead-Kosten zu stabilisieren. Nun erfordern unter anderem die Digitalisierung, die Modernisierung der IT sowie die verschärfte Regulierung hohe Investitionen. Auch deshalb stieg der Index der Verwaltungsaufwendungen auf den höchsten Stand seit Beginn der Bain-Analysen im Jahr 2007. Die Cost-Income-Ratio erreichte ebenfalls einen neuen Negativrekord.

Die Kombination aus höheren Aufwendungen und geringeren Erträgen belastet zudem die ohnehin von höheren Kapitalanforderungen gebeutelte Eigenkapitalrentabilität. Im zweiten Halbjahr 2017 ist diese Kennzahl branchenweit auf 10 Prozent gefallen. Nur während der Finanzkrise 2008/2009 verdienten die Institute in Deutschland im Firmenkundengeschäft noch weniger (Abb. 3). Einstellige Renditen (nahe der Eigenkapitalkosten) vor denen Bain schon vor einem halben Jahr gewarnt hatte, könnten nun Realität werden.

Auf Dauer gewinnt die beste, nicht die billigste Bank

Bankenexperte Graf sieht dennoch keinen Anlass für einen Abgesang auf das Corporate-Banking: „Firmenkunden brauchen das Know-how ihrer Bank. Allerdings müssen sich die Institute deutlich schneller und konsequenter auf die veränderten Rahmenbedingungen im digitalen Zeitalter einlassen.“ Es gehe vor allem darum, ein kanalübergreifendes Angebot aus einem Guss zu schaffen, die vorhandenen Daten besser zu nutzen und sämtliche Prozesse von A bis Z zu digitalisieren. Das Potenzial der Ende-zu-Ende-Automatisierung sei längst noch nicht ausgeschöpft. Wenn sich die Banken zudem stärker auf ihre Kernkompetenzen besännen und sich für die Zusammenarbeit mit Partnern öffneten, können sie aus dem aktuellen Preiskampf als Gewinner hervorgehen. „Auf lange Sicht entscheiden sich Firmenkunden nicht für die billigste, sondern für die beste Bank“, ergänzt Branchenkenner Huber. (ig)