Start-ups sind die wichtigsten Innovatoren für Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz (KI) gilt als eines der Hauptfelder im wirtschaftlichen Wettbewerb des 21. Jahrhunderts. Nicht große Konzerne, sondern Start-ups sind hier die bestimmenden Innovationstreiber: Auf ihr Konto gehen Technologien wie Bilderkennung, Sprachverarbeitung oder automatisiertes Fahren. Im globalen Konkurrenzkampf liegt es im Interesse aller Wirtschaftsnationen, ein starkes Ökosystem für diese jungen Unternehmen aufzubauen.
Stand heute haben die USA eine Führungsrolle übernommen: Fast 40 Prozent aller KI-Start-ups sind hier ansässig. Europa liegt mit 22 Prozent an zweiter Stelle vor China und Israel. Das sind Ergebnisse der neuen Studie „Artificial Intelligence – A strategy for European startups“, für die Roland Berger und das auf Investitionen in Hardware- und KI-Themen spezialisierte Unternehmen Asgard rund 3.500 Unternehmen und Start-ups im KI-Bereich analysiert haben. Die Untersuchung stellt die erste umfangreiche Datenerhebung in diesem Bereich dar und formuliert politische Empfehlungen für Europa.
„Der zweite Platz hinter den USA zeigt, wie dynamisch Europa in diesem Bereich ist“, kommentiert Charles-Edouard Bouée, CEO von Roland Berger. Das könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Initiativen national vorangetrieben würden und keine klare, von der EU-getragene Strategie für ein europaweites KI-Ökosystem verfolgt werde. Europa müsse beim Thema KI aber mit einer Stimme sprechen. Für Fabian Westerheide, Gründer und CEO von Asgard, steht Europa vor zwei Herausforderungen: „Es müssen KI-Champions aufgebaut und entsprechende Technologien schnell implementiert werden, um Wettbewerbsvorteile zu realisieren und nicht weiter Boden an die Konkurrenz aus den reiferen Märkten in Amerika und Asien zu verlieren.“
Europäische Industrie kämpft noch mit der KI-Wende
Kein europäisches Land erreicht nach den Ergebnissen der Studie bislang im globalen Vergleich eine kritische Masse an KI-Start-ups. Großbritannien liegt auf Platz vier (245 Start-ups), Frankreich auf Platz sieben (109 Start-ups) und Deutschland auf Platz acht (106 Start-ups). „Die Resultate zeigen klar auf, dass Maßnahmen auf europäischer und nicht auf nationaler Ebene notwendig sind“, erklärt Axelle Lemaire, Global Head von Terra Numerata, dem digitalen Partnernetzwerk von Roland Berger. Angesichts der amerikanischen und chinesischen Konkurrenz brauche Europa ein attraktives Ökosystem.
Mit Blick auf den Branchenfokus der KI-Start-ups sind einige wichtige Wirtschaftssektoren Europas unterrepräsentiert. Zu ihnen zählen Energie (zwei Prozent), Automobil (ein Prozent), Immobilien (ein Prozent), Landwirtschaft (ein Prozent) und öffentliche Verwaltung (weniger als ein Prozent). „Wir haben erwartet, dass Technologien wie Robotik, das Internet der Dinge (IoT) und selbstfahrende Autos, in denen Europa führend ist, überproportional vertreten sind“, ergänzt Westerheide. Die Ergebnisse sprächen aber eine andere Sprache. Sie generierten die Frage, ob etablierte europäische Industrien fähig seien, sich auf wichtige Technologietrends einzustellen und so ihre Führungsposition zu behaupten.
Europäische Rahmenbedingungen für Start-ups setzen
Die Experten von Roland Berger empfehlen ein Bündel an Maßnahmen auf europäischer Ebene, um die Entwicklung von KI-Start-ups auf dem gesamten Kontinent voranzutreiben.
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Ein europaweiter Unternehmensstatus für Start-ups
Der sogenannte Young European Start-up-Status (YES!) soll Firmen Zugang zu staatlichen Programmen und zum gesamten europäischen Markt ermöglichen. Er zielt darauf ab, grenzüberschreitende Geschäfte, die Rekrutierung von hochqualifiziertem Personal innerhalb ganz Europas und internationale Investitionen anzukurbeln. YES! sollte rechtlich auf europäischer Ebene verankert werden und nicht nur an bereits existierende nationale Initiativen anknüpfen.
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Höhere Investitionen in junge Unternehmen
Verhältnismäßig fließt nur wenig Kapital in europäische KI-Start-ups: 2017 sammelten KI-Start-ups in einer durchschnittlichen Finanzierungsrunde in Frankreich 3 Millionen Dollar und in Deutschland 2 Millionen Dollar ein. Zum Vergleich: In den USA waren es 10 und in China sogar 36 Millionen Dollar. Um diese Situation zu verbessern, sollte Europa Investitionen von Großunternehmen fördern und gleichzeitig die Finanzierung von Innovationen insgesamt diversifizieren. Öffentliche Investitionen über den Europäischen Investitionsfonds oder höhere Mittel aus dem EU-Haushalt sollten ebenfalls eine zentrale Rolle einnehmen. Zudem könnte die Einrichtung einer europäischen Innovationsagentur das KI-Ökosystem unterstützen.
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KI-Fachkräfte fördern und Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft stärken
Europa sollte ein attraktives Ziel für ausländische Unternehmer und Forscher sein: Ein spezielles Start-up-Visum kann die Anziehungskraft der EU für Talente erhöhen. Zudem können europäische Initiativen Kooperationen von Forschungsinstituten und Start-ups fördern. Der personelle Austausch und schnelle Technologietransfer haben für den Erfolg von Start-ups große Bedeutung.
„Neben dem KI-Wettrüsten zwischen den USA und China gibt es Raum für einen dritten, einen europäischen Weg“, fasst Axelle Lemaire zusammen. Damit dieser zum Erfolg führe, brauche der Kontinent einen einheitlichen Plan, der alle verfügbaren Ressourcen zusammenführe und so ihre Wirkung verstärke. (ig)