Solarenergie im Koalitionsvertrag: Licht und Schatten

 Solarenergie im Koalitionsvertrag: Licht und Schatten

Nach BSW-Einschätzung enthält der Koalitionsvertrag einige Lichtblicke – aber auch erhebliche Defizite. Bild: IBC Solar

Der ausgehandelte Koalitionsvertrag bietet nach Ansicht der Wirtschaft Chancen für einen stärkeren Ausbau der Solar- und Speichertechnologien. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) begrüßt, dass Union und SPD das Tempo beim Ausbau Erneuerbarer Energien (EE) erhöhen wollen. Drastisch gesunkene Kosten für die Errichtung neuer Solaranlagen ermöglichen dies. Die Verhandlungspartner einigten sich darauf, den EE-Anteil am Stromsektor bis 2030 von derzeit 36 auf 65 Prozent auszubauen.

„Von einer schnellen Konkretisierung, Unterfütterung und Umsetzung der angekündigten Vorhaben wird es jetzt abhängen, ob dieses Ziel tatsächlich erreicht wird“, erklärt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Eine Verständigung auf weiterführende Maßnahmen sei zur Absicherung der Klimaziele im Strom-, Wärme- und Mobilitätssektor unverzichtbar – spätestens im Rahmen des für 2019 angestrebten Klimagesetzes.

Nach BSW-Einschätzung enthält der Koalitionsvertrag einige Lichtblicke – aber auch erhebliche Defizite. Neben der Heraufsetzung der EE-Ausbauziele begrüßt die Interessenvereinigung der Solar – und Speicherunternehmen die angekündigten Photovoltaik-Sonderausschreibungen, die geplante steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung sowie geplante Verbesserungen der Rahmenbedingungen für Mieterstrom, Speicher und EE-Exporte.

Faire Investitionsbedingungen

Eher enttäuschend und ausbaufähig sind aus Sicht des BSW die Aussagen der Koalitionspartner zu den Themen CO2-Bepreisung, Kohleausstieg, EE-Wärmestandards sowie Eigen- und Direktversorgung. „Die Einführung einer längst überfälligen CO2-Bepreisung darf nicht von einem Konsens auf G20-Ebene abhängig gemacht werden“, fordert Körnig. Die Herstellung fairer Investitionsbedingungen dulde keinen weiteren Aufschub und solle nach dem Vorbild anderer Länder notfalls zunächst auch im nationalen Alleingang durchgesetzt werden. Überfällige politische Richtungsentscheidungen ließen sich nicht an Kommissionen auslagern.

Zu den konkretesten energiepolitischen Verständigungen im Koalitionsvertrag zählt sicherlich die Ankündigung von Sonderausschreibungen für die Photovoltaik und Windkraft. Mit der zusätzlichen Photovoltaik-Kraftwerksleistung von jeweils zwei Gigawatt in den Jahren 2019 und 2020 will die Bundesregierung die erhebliche CO2-Einsparlücke zu den Klimazielen 2020 verringern. „Um die erhoffte Wirksamkeit bereits im nächsten Jahr zu erreichen, ist eine Aufstockung des Solarpark-Auktionsvolumens noch in diesem Frühjahr erforderlich“, ist Carsten Körnig überzeugt. Wenn die Bundesregierung 2030 die Klimaziele nicht erneut verfehlen wolle, dürfe die Aufstockung der Ausschreibungen zudem keine Eintagsfliege bleiben. „Im für 2019 angekündigten Klimagesetz müssen Auktionsvolumen in der Größenordnung von jährlich drei Gigawatt auch für die Folgejahre fixiert werden“, so Körnig weiter. Bislang würden von der Bundesnetzagentur jährlich lediglich 600 Megawatt PV-Kraftwerksleistung ausgeschrieben.

Massive Preissenkung schlüsselfertiger PV-Systeme

Genauso wichtig wie die Errichtung großer ebenerdiger Solarparks ist nach BSW-Angaben die Zunahme von PV-Investitionen im verbrauchsnahen Gebäude- und Quartierssektor. Eine Belebung der Installationszahlen in mindestens gleicher Größenordnung wie im PV-Kraftwerksmaßstab müsse hier durch den Abbau von bürokratischen Hürden, Ausbaudeckeln, Abgaben und Umlagen kurzfristig erreicht werden. Eine massive Preissenkung schlüsselfertiger PV-Systeme ermögliche inzwischen eine Vervielfachung der Solarstromleistung ohne nennenswerte Effekte auf den Strompreis. Nach Einschätzung namhafter Wissenschaftler sei zum Erreichen der Klimaziele in Deutschland eine Vervier- bis Versechsfachung des jährlichen PV-Ausbaus auf eine Größenordnung von zehn Gigawatt geboten.

Ohne eine konsequente Entlastung der klimafreundlichen Eigen- und Direktversorgung von Umlagen und Abgaben ist nach BSW-Einschätzung auch die von Union und SPD angestrebte stärkere Nutzung von Ökostrom im Mobilitäts- und Wärmesektor (Sektorkopplung) kaum realisierbar. „Die vorgesehene Anpassung der Rahmenbedingungen wird diesen Punkt umfassen müssen“, glaubt Körnig. „Ein sinnvoller Ausbau der Elektromobilität steht und fällt mit einem Zugang zu preiswertem Ökostrom.“ Auch die angestrebte stärkere Nutzung von Energiespeichern und die damit verbundene Verringerung des Netzausbaubedarfs sei auf den Abbau von Umlagen und Abgaben angewiesen.

Investitionen in Speichertechnologien

Der BSW lobt in diesem Zusammenhang das Vorhaben der Verhandlungspartner, Investitionen in Speichertechnologien und intelligente Vermarktungsformen zu fördern. Auch der BSW-Empfehlung, Speichern die Möglichkeit zu eröffnen, mehrere Dienstleistungen gleichzeitig zu erbringen (etwa Regelenergie und Mieterstrom), ist entsprochen worden.

Als erfreulich betrachtet der BSW weiterhin die im Koalitionsvertrag angestrebte Beseitigung einer Investitionshürde beim Thema Mieterstrom. Wohnungsbaugenossenschaften sollen demnach künftig nicht mehr ihre steuerlichen Privilegien bei der Vermietung von Wohnraum verlieren, wenn sie solare Mieterstromtarife anbieten. Der BSW hatte dies im Frühjahr letzten Jahres bei der Initiierung des Mieterstromgesetzes für die gesamte Wohnungswirtschaft gefordert. (ig)