Mitarbeitersuche ist für deutsche Start-ups schwierig

 Mitarbeitersuche ist für deutsche Start-ups schwierig

Deutsche Startups leiden besonders unter dem Fachkräftemangel. Bild: Munich Startups

Die Wachstumseuphorie unter deutschen Start-ups hält an: Zwei Drittel der jungen Unternehmen rechnen für 2018 mit einem Umsatzzuwachs. Im Durchschnitt liegt die Erwartungshaltung jedoch bei etwas konservativeren acht Prozent – gegenüber zwölf Prozent im Vorjahr. Auch der erwartete Ausbau der Belegschaft geht 2018 langsamer voran. 2018 sind es nur noch 61 Prozent, die im Bereich Personal um durchschnittlich acht Prozent wachsen möchten – 2017 lagen diese Werte bei 67 und 16 Prozent. Das zeigt die Studie „Start-up-Unternehmen in Deutschland 2018“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, für die 1.000 Start-ups befragt wurden.

Personalplanung und -rekrutierung rangieren auf der Liste der Herausforderungen ganz oben: 50 Prozent halten sie für sehr groß. Dabei ist die Mitarbeitersuche – vor allem wegen des Fachkräftemangels und zu hoher Gehaltsforderungen – für 62 Prozent der Befragten sehr oder eher schwierig. Damit bleibt der Wert auch verglichen mit dem Vorjahr (68 Prozent) auf hohem Niveau. Überdurchschnittlich stark sind die größeren Scale-ups mit 50 und mehr Beschäftigten betroffen. Hier sagen 77 Prozent, dass die Suche nach Mitarbeitern schwierig ist. Gesucht werden in erster Linie Programmierer, IT-Sicherheitsexperten und Entwickler, also Berufsfelder aus dem MINT-Bereich, bei denen Start-ups mit vielen anderen Unternehmen konkurrieren. So gaben zum Beispiel fast 60 Prozent von 370 deutschen Mittelständlern im aktuellen European Private Business Survey von PwC an, der Fachkräftemangel sei das größte Wachstumsrisiko.

„Hier muss die Politik im Bereich Bildung aktiv werden. Gerade junge Gründer sind agil und mobil und entscheiden sich rasch für ein anderes Land, wenn sie dort ihre Geschäftsidee besser verwirklichen können“, kommentiert Dr. Ashkan Kalantary, Leiter der PwC-Start-up-Initiative NextLevel.

Fremdkapital wird immer wichtiger

Neben steuerlichen und rechtlichen Themen auf den Plätzen zwei und drei nennen mehr als ein Drittel der Befragten die Unternehmensfinanzierung als große Herausforderung. Dazu passt, dass sich 47 Prozent schwer damit tun, ihre Kapitalgeber von ihrer Geschäftsidee zu überzeugen. Demzufolge planen nur wenige Start-ups eine Folgefinanzierung (elf Prozent). Das ist ein weiterer Rückgang nach den bereits niedrigen Werten in 2017 (16 Prozent) und 2016 (17 Prozent). Insgesamt spielt Fremdkapital bei der Gründungsfinanzierung eine immer wichtigere Rolle: Nur zehn Prozent der Befragten haben ausschließlich auf Eigenfinanzierung gesetzt. Das Gros (77 Prozent) setzt auf eine Mischfinanzierung. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber 65 Prozent im Jahr 2017 und 53 Prozent im Jahr 2016.

„Die Nutzung von Venture Capital, sowohl von Unternehmen, als auch von Finanzinvestoren, liegt mit insgesamt 14 Prozent allerdings auf einem niedrigen Niveau“, erläutert Kalantary. Dabei sei gerade das Engagement von Unternehmen im Start-up-Bereich für beide Seiten eine großartige Ergänzung. Diese Erkenntnis scheine bei den Start-ups langsam anzukommen: Rund ein Fünftel der Unternehmen, die eine Folgefinanzierung planten, setzten dabei auf Venture Capital von Unternehmen oder fassten es zumindest als Option ins Auge.

Kooperationen mit etablierten Unternehmen

Auch jenseits der Finanzierung sind Start-ups gut beraten, mit etablierten Unternehmen in Kontakt zu treten. „Kooperationen sind für die Beteiligten attraktiv, weil sie voneinander lernen können. Traditionelle Unternehmen holen sich neue Technologien und Produktideen ins Haus, lernen agile Arbeitsmethoden und eine andere Unternehmenskultur kennen“, beschreibt Kalantary diese Win-win-Situation. „Start-ups wiederum erhalten Zugang zu Kunden, neuen Märkten und internen Strukturen von der Finanzfunktion bis zur Personalabteilung.“

Anders als bei der Finanzierung haben viele Start-ups diese Chance bereits erkannt: Rund 70 Prozent sind schon Kooperationen eingegangen, die Hälfte davon mit etablierten Unternehmen. Die Zusammenarbeit mit weiteren Partnern wie anderen Start-ups, Beratern oder wissenschaftlichen Einrichtungen ist hingegen deutlich seltener. Vorteile erhoffen sich Start-ups von der Zusammenarbeit bei der Erschließung neuer Vertriebskanäle (40 Prozent), der Ergänzung von fehlendem Know-how (37 Prozent) und der leichteren Erschließung neuer Märkte und Kundengruppen (jeweils 36 Prozent). Allerdings ist der Zugang zu Kooperationspartnern je nach Standort unterschiedlich. So ist der Anteil der Start-ups, die noch keine Partner haben, in Kleinstädten und im ländlichen Raum deutlich höher (42 und 32 Prozent) als im Gesamtdurchschnitt mit 29 Prozent.

Gros der Startups mit lokalem Ökosystem zufrieden

Insgesamt herrscht in Deutschland eine hohe Zufriedenheit mit dem Start-up- Ökosystem. Im Schnitt sind wie im Vorjahr knapp 90 Prozent der Befragten sehr oder eher zufrieden mit ihrem Umfeld. Bei einzelnen Faktoren gibt es je nach Standort allerdings deutlichere Abweichungen: Bei der digitalen Infrastruktur sind bundesweit 89 Prozent zufrieden, in Kleinstädten 77 Prozent und im ländlichen Raum nur 66 Prozent. Ähnlich hohe Abweichungen gibt es im Bereich der wirtschaftspolitischen Initiativen. Deutschlandweit liegt die Zufriedenheit bei 71 Prozent, in Kleinstädten und im ländlichen Raum sieht das mit 58 und 54 Prozent weniger gut aus. „Hier ist die öffentliche Hand und zwar auch die einzelne Kommune oder Gemeinde gefragt, um die Standortattraktivität zu erhöhen“, kommentiert Dr. Ashkan Kalantary. „Regionen, die sich allzu passiv verhalten, laufen Gefahr, dass junge Fachkräfte und Gründer abwandern und sich für andere Standorte entscheiden.“ (ig)