Eine Idee verleiht Flügel

 Eine Idee verleiht Flügel

Der digitale Wandel im Allgemeinen und Industrie 4.0 im Besonderen stellen neue Herausforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten und den Umgang mit veränderten Arbeitsbedingungen. Bild: Bosch

Die vernetzte Welt ist da. Und sie wächst jeden Tag weiter. Sieben Milliarden Menschen und 50 Milliarden Geräte werden bis 2020 miteinander verbunden sein. Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) verändert die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten, kommunizieren und miteinander umgehen. Und es verändert Verfahren und Prozesse, wie wir Waren produzieren, transportieren und lagern. Die vierte industrielle Revolution setzt neue Standards: Mit Industrie 4.0-Lösungen werden Fertigung und Logistik einfacher, effizienter, flexibler.

Die vernetzte Produktion ist eine tragende Säule in der IoT-Strategie von Bosch. Bis 2020 werden alle elektronischen Geräte von Bosch internetfähig sein. „Bei IoT wachsen reale und virtuelle Welt zusammen. Das ermöglicht Transparenz über alle Abläufe in Echtzeit. So lassen sich die Produktivität in der Fertigung steigern, Ressourcen schonen, die Sicherheit erhöhen und Arbeit erleichtern. Industrie 4.0 schafft Mehrwert – und zwar für alle, über die gesamte Wertschöpfung“, beschreibt Dr. Stefan Hartung, in der Bosch-Geschäftsführung zuständig für Industrietechnik.

Die internationale Unternehmensberatung Boston Consulting Group geht davon aus, dass Firmen in einer vernetzten Industriewelt 30 Prozent schneller und 25 Prozent effizienter produzieren. Bosch setzt konsequent auf Industrie 4.0. In nahezu allen rund 280 Bosch-Werken sind vernetzte Lösungen implementiert. Darüber hinaus hat das Unternehmen über 60 Produkte und Services für Industrie 4.0 im Portfolio. Auch mit Hilfe dieser Doppelstrategie als Leitanwender und -anbieter konnte Bosch seinen Umsatz im Bereich Industrietechnik um 7,7 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro im Jahr 2017 steigern. „Industrie 4.0 ist kein Selbstzweck, sondern birgt enormes Potential. Um dieses auszuschöpfen, bedarf es Mut und Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und in den Wandel. Nur derjenige, der vorwiegend in Chancen denkt, wird auf Dauer erfolgreich sein“, ist Hartung überzeugt.

Die Fabrik der Zukunft: Der Mensch als kreativer Kopf

Boden, Wände und Dach sind fest verbaut. Alles andere ist beweglich und vernetzt. Der Mensch steuert, überwacht und wartet die Produktion. Daten liefern einen Überblick. Roboter unterstützen und übernehmen monotone und wiederkehrende Tätigkeiten. So sieht Bosch die Fabrik der Zukunft. „Der Mensch ist der kreative Kopf, das Bindeglied zwischen Maschinen und Daten“, erläutert Rolf Najork, Chef von Bosch Rexroth, einem der führenden Industrieunternehmen im Bereich Antriebs- und Steuerungstechnik und hundertprozentige Bosch-Tochtergesellschaft. Die Digitalisierung in Fertigung und Logistik verbessert Arbeitsbedingungen, sichert Jobs.

Das untermauern Kennzahlen: Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) prognostiziert durch die Digitalisierung einen Beschäftigungszuwachs von 0,4 Prozent pro Jahr bis 2021. Wie aus der Studie hervorgeht, ersetzen Roboter zwar manche Arbeitsplätze – gleichzeitig entstehen aber an anderer Stelle insgesamt mehr Jobs. „Industrie 4.0 sorgt dafür, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland in einer globalisierten Welt weiterhin führend bleibt“, so Najork.

Neue Qualifikationen und Kompetenzen sind gefragt

Der digitale Wandel im Allgemeinen und Industrie 4.0 im Besonderen stellen neue Herausforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten und den Umgang mit veränderten Arbeitsbedingungen. Interdisziplinäres Arbeiten, die Verknüpfung von Informations- und Produktionstechnik sowie Know-how in der IT werden immer wichtiger. Darüber hinaus sind soziale Kompetenzen wie Selbstorganisation, Flexibilität oder lebenslanges Lernen gefragter denn je. Dafür gilt es, passende Rahmenbedingungen zu schaffen. Bosch trägt dieser Tatsache Rechnung und übernimmt Verantwortung.

So unterstützt beispielsweise die Drive & Control Academy von Bosch Rexroth betriebliche und schulische Ausbilder sowie Hochschulen mit Schulungen, Trainingssystemen und modernen Medien rund um das Zukunftsthema Industrie 4.0. Auch das Bosch-Werk in Blaichach im Allgäu hat unterschiedliche Qualifizierungsangebote im Programm. Das reicht von Schulungsvideos, der Integration neuer technischer Geräte bis hin zu Tagesseminaren, in denen der Umgang mit neuen Systemen ebenso vermittelt wird wie Methoden der Teamarbeit oder Führungsverantwortung. Darüber hinaus werden bestehende Lehrberufe angepasst und neue Jobprofile entwickelt: Bei Bosch ist es möglich, sich zum Produktionstechnologen ausbilden zu lassen, einer Kombination aus Mechatroniker-Lehre und Studium.

Als global agierendes Unternehmen engagiert sich Bosch weltweit bei Aus- und Weiterbildung. In der zentralchinesischen Stadt Chengdu beispielsweise hat Bosch 2017 das erste Innovationscenter für Industrie 4.0 eröffnet. Dort werden Kurse in den Bereichen Qualität, Fertigung, Lieferkette und Industrie 4.0-Lösungen angeboten. Teilnehmer können jeweils unter 20 verschiedenen Angeboten wählen. Das Innovationcenter setzt auf eine praxisnahe Ausbildung: Vor Ort lässt sich an vernetzten Fertigungslinien arbeiten.

Daten schaffen Nutzen

Bosch verzahnt bewährte Fertigungs- mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik. Das bringt enorme Vorteile. Zum Beispiel können Mitarbeiter jederzeit auf eine Vielzahl an Daten zugreifen, diese analysieren und visualisieren. Fehler lassen sich von Anfang an vermeiden. Tritt dennoch eine Störung auf, können Mitarbeiter schnell reagieren. Dadurch werden Maschinen-Stillstandzeiten reduziert und die Produktionsleistung erhöht.

„Die Erfahrung aus internen Bosch-Projekten zeigt: Mit dem Einsatz von intelligenter Software können wir die Produktivität jedes Jahr steigern – an einigen Standorten um bis zu 25 Prozent – und zudem die Lagerbestände um bis zu 30 Prozent verringern. Außerdem erhöhen wir die Flexibilität in den Werken, können Maschinen schneller umrüsten und sie auf eine kundenindividuelle Produktion ausrichten – bis hin zur Losgröße eins“, erklärt Dr. Stefan Aßmann, Leiter des Bereichs Bosch Connected Industry.

Auch ein noch schonenderer Umgang mit Ressourcen und eine noch umweltfreundlichere Produktion werden möglich. Im Bosch-Werk in Homburg beispielsweise erkennt die zentrale IoT-Softwareplattform anhand von An- und Abwesenheit der Mitarbeiter, wann ein Bereich aktiv ist und steuert Heizung und Lüftung automatisch und je nach Bedarf. „Die Intelligenz der Fabrik der Zukunft liegt in der Software – und in den Köpfen der Mitarbeiter“, sagt Aßmann. Bosch hat deshalb sein Softwareportfolio unter einem Dach gebündelt: Mit Nexeed ist es möglich, den Arbeitsalltag von Mitarbeitern zu vereinfachen und die Fertigung und Logistik effizienter, flexibler und ressourcenschonender zu gestalten.

Intelligente Maschinen

Außer Daten unterstützen intelligente Maschinen den Menschen bei der Arbeit. Roboter schweißen, kleben, montieren oder transportieren Waren. Sie reagieren flexibel auf Menschen, können von ihnen lernen und monotone Aufgaben oder ergonomisch ungünstige Bewegungsabläufe übernehmen. Roboter werden zu Kollegen. Mitarbeiter erkennen, Kollisionen vermeiden – Produktionsassistenten wie APAS von Bosch ermöglichen eine sichere Zusammenarbeit von Mensch und Maschine – ohne Schutzzaun. Mit einer umfassenden Sicherheitstechnik ausgestattet, stoppt der Roboter automatisch völlig berührungslos ab, wenn ein Mitarbeiter zu nahe kommt. APAS ist für Bosch ein Technologieträger, der in den unterschiedlichsten Branchen Anwendung findet. Bosch wertet die erhobenen Erkenntnisse aus und entwickelt die technischen Assistenten permanent weiter.

Der Bedarf ist da, die Zahl der Industrie-Roboter wächst enorm. So hat der weltweite Absatz 2017 um 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugelegt. Dabei entlasten Roboter nicht nur Mitarbeiter, sie sind auch ein wichtiger Faktor, um Engpässe am Arbeitsmarkt zu beseitigen.

5G wird Schlüsseltechnologie

Eine zentrale Voraussetzung, um Industrie 4.0 erfolgreich umzusetzen: eine leistungsfähige Vernetzungsinfrastruktur mit schnellem Internet. Denn in der Fabrik der Zukunft werden zahlreiche Sensoren, Aktoren und andere Geräte vernetzt. Es entstehen intelligente Systeme, die sich durch ein hohes Maß an Flexibilität, Effizienz und Wandelbarkeit auszeichnen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die fünfte Mobilfunkgeneration (5G). Sie verzehnfacht die Übertragungsrate im Mobilfunknetz gegenüber 4G auf mehr als zehn Gigabit pro Sekunde. Gleichzeitig erhöht sich dadurch signifikant die Zuverlässigkeit, mit der Daten gesendet und empfangen werden sowie die Echtzeitfähigkeit.

„5G wird das zentrale Nervensystem der Fabrik der Zukunft“, ist Andreas Müller von Bosch, zugleich Vorsitzender der 2018 gegründeten Initiative 5G-ACIA (Alliance for Connected Industries and Automation), überzeugt. In der Initiative haben sich bislang mehr als 40 Unternehmen und Forschungsinstitute zusammengeschlossen mit dem Ziel, 5G von Beginn an industriefähig zu gestalten. Die Allianz ist weltweit einzigartig: Erstmalig arbeiten Vertreter der klassischen Automatisierungs- und Fertigungsindustrie mit Experten aus der Informations- und Kommunikationstechnik übergreifend und global zusammen. Ein Ansatz, der stilbildend wirkt. (ig)