US-Großbanken mit höchsten Gewinnen seit der Finanzkrise

 US-Großbanken mit höchsten Gewinnen seit der Finanzkrise

Die US-Banken sind in diesem Jahr erneut deutlich gewinnstärker und profitabler als ihre europäischen Wettbewerber – und der Abstand scheint sich zu vergrößern. Bild: Murray Company

Die US-Großbanken profitierten im bisherigen Jahresverlauf stark vom heimischen Wirtschaftsboom und der US-Steuerreform und legten zum Halbjahr Rekordgewinne vor. Dank niedrigerer Abgaben an den US-Fiskus kletterten die Nachsteuergewinne um 19 Prozent auf 69 Milliarden Euro. Aber auch operativ konnten die US-Institute zulegen: Der Vorsteuergewinn stieg immerhin noch um sieben Prozent auf 87,5 Milliarden Euro – den höchsten Stand seit der Finanzkrise. In Europa hingegen stagnierten die operativen Gewinne bei 40,6 Milliarden Euro. Die US-Banken verdienten damit mehr als doppelt so viel wie ihre europäischen Wettbewerber. Das sind Ergebnisse einer EY-Analyse der Bilanzen der jeweils nach Bilanzsumme zehn größten Banken in den Vereinigten Staaten und Europa.

Während in den USA immerhin acht Institute einen Nachsteuergewinn von mehr als vier Milliarden Euro vorweisen konnten, gelang dies in Europa nur einem Institut, der britischen HSBC. Das bestverdienende Institut unter den zwanzig analysierten Banken war die US-Großbank JPMorgan Chase, die nach Steuern 14,6 Milliarden Euro verdiente. Der Börsenwert der Top-10-Banken Europas ging seit Jahresbeginn sogar zurück – in Summe sank die Marktkapitalisierung zwischen Januar und August um 12 Prozent auf 561 Milliarden Euro. Die US-Institute hingegen konnten leicht zulegen – um 1,5 Prozent – und waren Anfang August insgesamt 1,3 Billionen Euro wert – also mehr als doppelt so viel wie Europas Top-Banken.

Return on Equity (RoE), erhöhen

„Die US-Banken sind in diesem Jahr erneut deutlich gewinnstärker und profitabler als ihre europäischen Wettbewerber – und der Abstand scheint sich zu vergrößern“, beobachtet Claus-Peter Wagner, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY. Zwar konnten Europas Top-Banken im ersten Halbjahr ihre Eigenkapitalrentabilität, den sogenannten Return on Equity (RoE), erhöhen: Von 5,9 auf 6,6 Prozent. Allerdings waren auch hier die US-Banken besser unterwegs und erhöhten den RoE von 10,7 auf 13,4 Prozent.

„Die europäischen Institute konnten ihren Nachsteuergewinn im ersten Halbjahr leicht steigern – allerdings nur dank der relativ guten Entwicklung der britischen Banken. Insgesamt ist die Gewinnsituation der europäischen Banken nach wie vor weit entfernt vom Vorkrisenniveau und immer noch nicht zufriedenstellend“, kommentiert Dirk Müller-Tronnier, Partner und Leiter Banking & Capital Markets bei EY. „Nach wie vor belasten Abschreibungen sowie Restrukturierungs- und Rechtskosten die Bilanzen. Zwar kommt die positive Konjunkturentwicklung in Europa den Banken zu Hilfe, aber insgesamt zeigen sich die deutlich profitableren US-Großbanken mit ihrer höheren Eigenkapitalausstattung und ihrer stärkeren heimischen Wirtschaft derzeit in besserer Verfassung.“

Auf beiden Seiten des Atlantiks ging die Eigenkapitalausstattung im ersten Halbjahr leicht zurück. So sank die Eigenkapitalquote der US-Banken von 7,5 auf 7,2 Prozent, während in Europa ein Rückgang von 5,7 auf 5,6 zu verzeichnen war.

Weiterhin gute Aussichten für die US-Banken

„Die US-Konjunktur brummt – Unternehmensgewinne, Konsumausgaben und Unternehmensinvestitionen steigen, die Impulse aus der Steuerreform und durch die zusätzlichen Staatsausgaben entfalten ihre Wirkung. Spürbare Auswirkungen der Außenwirtschaftspolitik der Regierung Trump sind noch nicht zu erkennen. Es spricht viel dafür, dass die US-Banken zumindest in diesem Jahr dank ihres starken Heimatmarktes Rekordgewinne einfahren werden“, erwartet Wagner. Zudem böten der Zinsanstieg in den USA den Banken die Chance auf höhere Einnahmen im Zinsgeschäft. „Obendrein sind die US-Banken in der glücklichen Position, weniger unter Altlasten aus der Finanzkrise zu leiden als ihre europäischen Wettbewerber.“

Die Situation in Europa sei schwieriger als in den USA, ergänzt Müller-Tronnier: „Die konjunkturelle Situation in Europa ist fragil. Zudem ist die europäische Staatsschuldenkrise noch keineswegs ausgestanden. Obendrein ist inzwischen mit dem amerikanisch-türkischen Streit ein weiterer Konfliktherd entstanden, der für zusätzliche Unsicherheit sorgt.“

Generell sei der europäische Markt schwieriger, beobachtet Müller-Tronnier: „Ein deutlich stärker fragmentierter Markt mit mehr großen Wettbewerbern und ein traditionell höherer Wettbewerbsdruck mit niedrigeren Gebühren beeinträchtigen die Ertragschancen in Europa. Zudem leiden Europas Banken unter dem historisch niedrigen Zinsniveau, das dazu führt, dass viele Banken im Zinsgeschäft kaum noch oder gar keine Gewinne mehr erwirtschaften.“ (ig)