Deutsche Autozulieferer steigern Umsatz und verstärken sich

 Deutsche Autozulieferer steigern Umsatz und verstärken sich

Deutsche Zulieferer setzten im vergangenen Jahr 221 Milliarden Euro um und konnten ihren Weltmarktanteil von 21 Prozent im Jahr 2013 auf 24 Prozent ausbauen; allerdings stagniert dieser Wert seit 2015. Bild: ebp Consulting

Trotz der noch immer schwelenden Dieselkrise und struktureller Umbrüche wie dem Weg hin zum vernetzten und autonomen Fahren ist die internationale Automobilzulieferer-Branche solide aufgestellt: Die 86 weltweit umsatzstärksten Zulieferer erzielten 2017 zusammen einen Erlös in Höhe von 909 Milliarden Euro, was einem Wachstum von 5,7 Prozent im Vergleich zu 2016 (860 Milliarden Euro) entspricht. Im Fünf-Jahres-Vergleich (2013–2017) wuchsen die Topzulieferer mit einem jährlichen Schnitt von acht Prozent sogar stärker als die elf internationalen Top-OEMs (6 Prozent pro Jahr).

Deutsche Zulieferer setzten im vergangenen Jahr 221 Milliarden Euro um und konnten ihren Weltmarktanteil von 21 Prozent im Jahr 2013 auf 24 Prozent ausbauen; allerdings stagniert dieser Wert seit 2015. Dagegen verloren asiatische Zulieferunternehmen ebenso wie die europäischen (ohne Deutschland) im selben Zeitraum zwei Prozentpunkte ihres Weltmarktanteils, während amerikanische Zulieferer einen Prozentpunkt dazugewannen. Das sind die zentralen Ergebnisse der aktuellen Analyse „Wachstumsperspektive Autozulieferer: Die Akkus sind geladen – doch wohin führt der Weg?“ von Strategy&, der Strategieberatung von PwC.

„Die deutschen Zulieferer haben die disruptiven Entwicklungen in der Autobranche bislang gut gemeistert. Durch die hohe Qualität ihrer Produkte konnten sie weiterhin ein Preispremium durchsetzen und erfolgreich vermarkten, insbesondere zulasten der japanischen Konkurrenz. Letztere ist von den schwächelnden japanischen Herstellern abhängig und blieb vor allem im wichtigen chinesischen Markt in der Vergangenheit hinter den hohen Erwartungen zurück“, erläutert Richard Viereckl, Partner bei PwC Strategy& Deutschland

Die deutschen Topzulieferer scheinen entschlossen, ihre Position als Innovations- und Qualitätsführer zu festigen, denn sie eint eine im internationalen Vergleich besonders hohe F&E-Intensität: Im Schnitt investierten die führenden deutschen Zulieferer zwischen 2015 und 2017 5,7 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Europäische Zulieferer (ohne Deutschland) erreichten im selben Zeitraum eine F&E-Quote von gerade einmal 3,7 Prozent. In Asien und in Amerika steckten die Zulieferer sogar nur 3,2 beziehungsweise 3,1 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung.

Investitionen sind strategisch wichtig

„Richtet man den Blick auf die Unternehmensportfolios der deutschen Zulieferer, sind zwei spezielle Cluster erkennbar. Die Reifenbranche beeindruckt mit traditionell hohen und immer noch steigenden EBIT-Margen bei moderaten F&E-Ausgaben. Daneben investieren insbesondere die großen Zulieferer mit breitem Produktportfolio bei solider EBIT-Marge überdurchschnittlich viel in F&E“, kommentiert Henning Rennert, Partner bei PwC Strategy& Deutschland. Trotz oder gerade wegen der guten Performance der deutschen Zulieferer seien diese Investitionen strategisch wichtig, denn im zukünftigen Spannungsfeld elektrischer, autonomer, vernetzter und geteilter Autos müssten alle Player erst noch Kompetenzen aufbauen. Zudem setzten internationale Wettbewerber insbesondere aus China gerade zum Sprung an.

Für den strategischen Kompetenzaufbau in Zukunftsfeldern sprechen auch die starken M&A-Aktivitäten der Branche. 85 Prozent der untersuchten deutschen Zuliefererunternehmen haben zwischen 2015 und 2018 entsprechende Transaktionen getätigt. Die Firmen richten ihren Fokus dabei vor allem auf den anorganischen Aufbau von Software-Kompetenzen: Vergleicht man den Zeitraum von 2012 bis 2014 mit den Jahren 2015 bis 2018, haben sich die Käufe im Bereich Software auf globaler Ebene mehr als verfünffacht. Auch bei Elektrik beziehungsweise Elektronik stiegen die Zukäufe zwischen den beiden betrachteten Zeiträumen um 48 Prozent, wobei sich die Zulieferer besonders im Infotainment-Bereich engagierten. Aufkäufe bei Hybrid- und BEV-Antrieben gingen dagegen um sieben Prozent zurück, was darauf schließen lässt, dass die Industriestruktur in dieser Sparte bereits gefestigt ist.

Direkte Konkurrenz zu Automobilherstellern

Vor allem große Zulieferer rüsten sich mit gezielten F&E-Investitionen sowie einem Portfoliomanagement für die Zukunft und digitalisieren ihre Produkte oder erweitern ihr Angebot mit Dienstleistungen wie digitalen Flottenmanagement-Lösungen, Kartendaten oder Ridesharing. Auf diesem Gebiet treten die Zulieferer neuerdings sogar in direkte Konkurrenz zu den Autoherstellern und erreichen somit auch den B2C-Markt. Diesen haben Software-Giganten schon seit Jahren erobert und verfügen bereits über etablierte Strukturen sowie ausgezeichnete Kompetenzen in einigen Bereichen, sodass sich der Wettbewerb erhöht. Zudem investieren die großen Technologiefirmen deutlich stärker im Bereich F&E bei gleichzeitig kürzeren Entwicklungszyklen und größerer Agilität.

„Will sich die deutsche Automobilindustrie hier mittelfristig nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, wird das nur durch eine stärkere Kooperation von Topzulieferern mit Herstellern möglich sein – vereinte Kräfte sind gefragt“, so Rennert abschließend. Die Ergebnisse der Automobilzulieferer-Studie finden Sie unter: www.strategyand.pwc.com/de/studie/autozulieferer-perspektive.