Brexit gestalten

 Brexit gestalten

Zwischen dem Vereinigten Königreich und dem deutschen beziehungsweise europäischen Maschinenbau bestehen enge Wertschöpfungsketten. Bild: BMWI

Der exportorientierte deutsche Maschinen- und Anlagenbau hat wie kaum eine andere Industrie von der wirtschaftlichen und politischen Einigung sowie dem Euro als Gemeinschaftswährung profitiert. Das Referendum der Briten für den Brexit hat die EU erschüttert. Auch zwei Jahre danach ist immer noch nicht völlig klar, wie die EU und das Vereinigte Königreich künftig zusammenarbeiten. Eine Sonderrolle des Vereinigten Königreichs darf es dabei nicht geben. Der Verband Deutschen Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sagt „der Zusammenhalt der EU geht vor“ und fordert gleiche Wettbewerbsbedingungen in der EU27 und dem Vereinigten Königreich.

Zwischen dem Vereinigten Königreich und dem deutschen beziehungsweise europäischen Maschinenbau bestehen enge Wertschöpfungsketten. Das Vereinigte Königreich ist der fünftgrößte Absatzmarkt für deutsche Maschinen und Anlagen. 20.000 Mitarbeiter arbeiten an britischen Standorten von deutschen Muttergesellschaften. Umgekehrt arbeiten 16.000 Beschäftigte an deutschen Standorten mit britischer Muttergesellschaft. Bereits die Entscheidung für den Brexit und die damit verbundene Unsicherheit belasten die Wirtschaft im Vereinigten Königreich. Der Export in das Vereinigte Königreich von deutschen Maschinen ging 2017 um drei Prozent zurück. Ein sogenannter harter Brexit, bei dem das Vereinigte Königreich die EU ohne Anschlussvertrag verlässt, muss unbedingt vermieden werden.

EU-Zusammenhalt geht vor

Erste Priorität in der Zukunft sollte laut VDMA der politische und wirtschaftliche Zusammenhalt der EU27 haben. Die Einheit der EU solle auch Vorrang gegenüber den Beziehungen der EU zum Vereinigten Königreich haben. Denn die EU sei nicht nur als Heimatmarkt immens wichtig für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau. Darüber hinaus sei die EU als Stimme Europas in der Welt unerlässlich, um auch die wirtschaftlichen Interessen des Kontinents auf der Weltbühne zu vertreten. Die EU habe bereits deutlich gemacht, dass sie eine Sonderrolle des Vereinigten Königreich mit vergleichbaren Rechten und geringeren Pflichten als die der Mitgliedstaaten nicht akzeptieren werde. Der VDMA unterstützt diese Position. Ein Rosinenpicken darf es aus seiner Sicht nicht geben.

Ein harter Brexit würde schlagartig Handels- und Geschäftsbarrieren zwischen der EU27 und dem Vereinigten Königreich aufbauen. Das muss nach Überzeugung des VDMA verhindert werden. Angesichts der Verhandlungsvorgaben der britischen Regierung sei das einzig realistische Szenario ein umfassendes Freihandels- und Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Solch ein Abkommen sei daher so schnell wie möglich abzuschließen. Wenn das Vereinigte Königreich sich zu einem Verbleib in der Zollunion durchringen könne, würde das zumindest einen Teil der Probleme im zukünftigen Warenverkehr zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich lösen.

Zollformalitäten

Nach dem Brexit muss das Vereinigte Königreich aus Sicht der deutschen Maschinenbauer von der EU zollrechtlich als „Drittland“ behandelt werden. Unabhängig vom künftigen vertraglichen Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU, also egal ob in einer Zollunion oder mit einem Freihandelsabkommen, würden für den Handel mit dem Vereinigten Königreich Zollabfertigungen erforderlich. Das führe zu erheblichem Mehraufwand, besonders für den industriellen Mittelstand. Zollbürokratie müsse generell etwa durch Selbstveranlagung vereinfacht werden.

Die Produkte des Maschinenbaus sind im EU-Binnenmarkt umfassend reguliert. Selbst wenn das Vereinigte Königreich anstreben sollte, die geltende Binnenmarktgesetzgebung zu übernehmen, droht ein Auseinanderdriften der Regelungen. Im Rahmen eines Freihandelsabkommens fordert der VDMA daher ein Maschinenbaukapitel, um Grundsätze und Prinzipien für regulatorische Ansätze auf nicht-gesetzlicher Ebene der Normung, Marktüberwachung und Akkreditierung zu vereinbaren. Darüber hinaus brauche es einen Mechanismus, der Änderungen und Neuerungen der EU-Binnenmarktgesetzgebung im britischen Recht spiegelt.

Freizügigkeit für Mitarbeiter sichern

Für die Inbetriebnahme und Montage von Maschinen, Komponenten und Anlagen müssen in aller Regel Monteure zum Kunden ins Vereinigte Königreich reisen. Auch für Arbeiten an Tochterstandorten im Vereinigten Königreich sind regelmäßig Entsendungen von deutschen Mitarbeitern ins britische Werk und umgekehrt notwendig. Der freie Zugang für Monteure der EU27 in das Vereinigte Königreich sowie die Freiheit der Entsendung von Mitarbeitern in eigene Auslandsniederlassungen in das Vereinigte Königreich müssen nach Überzeugung des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau dringend gewährleistet werden. (ig)