Digitalisierung ermöglicht Energiewende

 Digitalisierung ermöglicht Energiewende

Die alte Energiewelt, aus der das Redundanzprinzip stammt, hat sich grundlegend verändert. Bild: Siemens

Um eine stabile und ausfallsichere Energieversorgung in Zukunft gewährleisten zu können, sollte aus Sicht des Digitalverbands Bitkom die Sicherheit des deutschen Energiesystems grundsätzlich neu geregelt werden. Dabei kommt digitalen Technologien eine Schlüsselrolle zu. Entsprechende Vorschläge hat Bitkom in einem aktuellen Positionspapier „Digitalisierung des Energieversorgungssystems – Von der Robustheit zur Resilienz“ zusammengefasst.

„Dezentrale Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien statt einiger weniger großer Kraftwerke, komplexere Verteilernetze, eine steigende Stromnachfrage für Elektromobilität und im Wärmesektor sowie die zunehmende Bedrohung durch Cyber-Angriffe machen es nötig, dass wir die Sicherheit unserer Energieversorgung völlig neu denken“, kommentiert Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Um weiterhin die Sicherheit der Energieversorgung zu garantieren, müssten Digitalwirtschaft und Energiewirtschaft gemeinsam mit der Politik ein Energiesystem aufbauen, das bei Störungen funktionsfähig bleibe und die Probleme selbsttätig behebe.

Von Robustheit zu Resilenz

Traditionell wird die Sicherheit des Energiesystems dadurch sichergestellt, dass es von für die Versorgung wichtigen Teilen wie Leitungen oder Transformatoren, aber auch Kraftwerken immer eines mehr vorhanden ist, als bei Höchstlast benötigt werden. Dadurch entsteht eine sogenannte Robustheit des Systems. Bei Ausfall einer Einheit sollen die anderen Einheiten die Versorgung sicherstellen. Künftig müsse das deutsche Energiesystem statt auf Robustheit auf Resilienz ausgerichtet sein, fordert Bitkom. Im Fall einer Störung soll das Energiesystem aktiv so reagieren, dass es seine grundlegende Funktionsfähigkeit beibehält und nach Beseitigung der Störung selbststätig die volle Leistungsfähigkeit wiedererlangt.

Die alte Energiewelt, aus der das Redundanzprinzip stammt, hat sich grundlegend verändert. Wo früher einige wenige große Kraftwerke die Energieversorgung sichergestellt haben, sind nun sehr viele dezentrale Solar- und Windkraftanlagen zum Rückgrat der Stromerzeugung geworden. Zugleich wird Strom verstärkt in Bereichen eingesetzt, wo man Energie vormals in anderer Form bereitgestellt hat, etwa durch die Elektromobilität im Verkehr oder durch Wärmepumpen im Wärmesektor. Eine moderne, sichere Energieversorgung kann nach Überzeugung von Bitkom nicht darauf aufbauen, Störungen vollständig zu verhindern. In einem zunehmend komplexeren Energienetz könnten nicht jedes angeschlossene Gerät und jede angeschlossene Anlage hundertprozentig abgesichert werden, stattdessen müsse das System so ausgestaltet sein, dass auftretende Störungen keine gravierenden Folgen hätten.

Strukturelle Schwächen des Systems

Nach Ansicht des Bitkom sind digitale Technologien unerlässlich, um die notwendige Resilienz des Energiesystems herzustellen. So könnten digitalisierte Netze laufend Daten über das Energiesystem liefern, die automatisiert analysiert werden. Im Falle einer Störung gebe es auf diese Weise in Echtzeit ein Lagebild, auf dessen Grundlage die richtigen Maßnahmen zur Stabilisierung des Systems eingeleitet werden könnten. Die Daten lieferten darüber hinaus auch Hinweise auf strukturelle Schwächen des Systems und könnten so zum Beispiel zeigen, wo ein Netzausbau vordringlich sei.

Zugleich ließen sich durch solche Datenanalysen Störungen sogar im Vorfeld erkennen, etwa mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz. Auf diesem Weg könnten Maßnahmen eingeleitet werden, bevor überhaupt ein Schaden einträte. „Die Energieversorgung ist ein interessantes Ziel für Cyberkriminelle“, glaubt Rohleder. Mit der Energiewende kämen viele vernetzte Stromerzeuger und Stromverbraucher. Wenn ein Cyberangriff erfolgreich sei, drohe im traditionellen System eine Ausbreitung in der Fläche. Ein resilientes System erkenne einen Cyberangriff rasch, verhindere die Ausbreitung und behebe die Störung schnell.

Das Positionspapier „Digitalisierung des Energieversorgungssystems – von der Robustheit zur Resilienz“ steht zum kostenlosen Download bereit.