Kooperation für zukünftiges autonomes Fahren

 Kooperation für zukünftiges autonomes Fahren

Beim Fahren auf der A9 waren die Testwagen mit dem Netz verbunden und erhielten die Korrekturdaten über die Mobilfunkantenne der jeweiligen Funkzelle. Bild: BR

Bei einer Reihe von Fahrtests auf der digitalen Teststrecke der Autobahn A9 in Deutschland haben die Deutsche Telekom, Fraunhofer ESK, Hexagon und Nokia einen Meilenstein auf dem Weg zum sicheren autonomen Fahren erreicht. Die Unternehmen erzielten eine Ortungsgenauigkeit für Fahrzeuge im Bereich von Zentimetern und demonstrierten damit die Effektivität ihrer gemeinsamen Technologien.

Die aktuell verfügbare Technologie auf dem Massenmarkt bietet eine Ortungsgenauigkeit im Meterbereich. Die massenmarkttaugliche Verbesserung auf wenige Zentimeter ist eine wichtige Voraussetzung für zukünftiges autonomes Fahren. Ausschlaggebend für die höhere Genauigkeit war die erfolgreiche Integration verschiedener Technologien in diese Live-Testumgebung.

Die digitale Teststrecke auf der A9 wird mit acht eNodeB-Basisstationen des LTE-Netzes der Deutschen Telekom versorgt. Beim Fahren auf der A9 waren die Testwagen mit dem Netz verbunden und erhielten die Korrekturdaten über die Mobilfunkantenne der jeweiligen Funkzelle. „Mobile Konnektivität ist die Grundlage für den Empfang von Korrekturdaten, was die Voraussetzung für eine präzise Ortung ist“, erläutert Alex Choi, SVP Research and Technology Innovation, Deutsche Telekom. Das nahezu flächendeckende Telekom-Netz ermögliche den Datentransfer in Echtzeit.

Regionalisierung ist besser als einzelne Knotenpunkte

Die Multi-Access Edge Computing (MEC)-Technologie von Nokia ist eine Schlüsselkomponente, um eine präzise Ortung für den Massenmarkt möglich zu machen.  Anstatt individualisierte Korrekturdaten für jedes einzelne Fahrzeug zu liefern, ermöglicht MEC die gleichzeitige Verbreitung regionalisierter Korrekturdaten an alle Fahrzeuge in einem bestimmten Gebiet. Dies reduziert den Netzverkehr und ist kostengünstiger. Die MEC-Ressourcen befinden sich in unmittelbarer Nähe zu den Mobilfunkmasten der Deutschen Telekom entlang der A9. Sie stellen die Plattform und Rechenleistung für die Anwendung von Hexagon bereit, die die regionalisierten HxGN SmartNet-Korrekturdaten für den jeweiligen Bereich jeder Funkzelle anfordert und über MEC an die Fahrzeuge in diesem Bereich weiterleitet.

„Die Ergebnisse unseres Fahrversuchs zeigen, dass MEC die ideale Plattform ist, um eine Vielzahl von Fahrzeugen auf die effizienteste Art und Weise präzise zu orten“, ist Thorsten Robrecht, Vice President Vertical Network Slices von Nokia, überzeugt. Das sei ein Meilenstein auf dem Weg zu sicherem autonomen Fahren und zeige auch, wie wichtig es sei, dass das traditionelle Silodenken in der Branche hinter sich lassen und bei konkreten Anwendungsfällen in Ökosystemen zusammenzuarbeiten. Nur so könnten Herausforderungen gemeistert und der Weg für Innovationen mit einer klaren Geschäftsperspektive geebnet werden.

Präzise Ortung durch Informationsaustausch

Mit dem präzisen Ortungsdienst HxGN SmartNet wurden regionale Korrekturen direkt an die Empfänger des Global Navigation Satellite System (GNSS) im Fahrzeug geliefert. Als weltweit größtes Referenznetz konnten die Projekt-Testingenieure die exakte Position des Automobils während des gesamten Tests zentimetergenau validieren. Mit mehr als 4.000 Referenzstationen weltweit wurden die GNSS-Korrekturdaten in Echtzeit an das Fahrzeug übertragen, was eine sekundenschnelle Informationsbeschaffung und maximal informierte Entscheidungen während der Fahrt ermöglichte.

Integrierte End-to-End-Konnektivität

Die Konnektivitätslösung zur präzisen Ortung innerhalb der Car Communication Unit (CCU) wurde von Fraunhofer ESK konzipiert und integriert. Die Kommunikationsprotokolle liefern Unicast- und Broadcast-RTK-Korrekturdaten von MEC- oder Backend-Servern über serielle und WLAN-Schnittstellen in Echtzeit an mehrere GNSS-Empfänger. Zudem protokolliert die CCU synchronisierte Ortungsdaten und wesentliche Konnektivitätsparameter. Fraunhofer ESK stellte sein Testfahrzeug VICTOR zur Verfügung, das mit GNSS-Testempfängern und mit einem Referenzempfänger ausgestattet ist, und unterstützte die Auswertung. „Zuverlässige und vorhersehbare Kommunikation ist der Schlüssel, um zukünftige Anwendungen für autonomes und vernetztes Fahren in höheren Automatisierungsstufen zu ermöglichen“, ist Josef Jiru, Leiter der Abteilung Kommunikationstechnologien und -architekturen bei Fraunhofer ESK, überzeugt. Eine zuverlässige und effiziente Präzisionsortung sei einer der ersten Meilensteine.

Testergebnisse, nächste Schritte

Im direkten Vergleich zeigten die ersten Tests an der A9 eine höhere Genauigkeit der Präzisionsortung im Vergleich zu früheren Diensten, auch bei höheren Geschwindigkeiten. Die End-to-End-Performance wurde jedoch hauptsächlich durch die Qualität des GNSS-Empfängers und des Ortungsalgorithmus bestimmt. In einem nächsten Schritt gilt es nun, die Robustheit dieser Empfänger zu optimieren. Die Partner werden die Forschung fortsetzen. Dazu werden sie die Fahrtests auf das gesamte Mobilfunknetz ausweiten und verschiedene Fahrmanöver und Geschwindigkeitsstufen abdecken. (ig)