Digitale Fragmentierung bedroht Wachstumsaussichten

 Digitale Fragmentierung bedroht Wachstumsaussichten

Die größten Kostentreiber sind vor allem die aufwendigere Suche nach IT-Talenten, die erforderliche Erweiterung der IT-Infrastruktur etwa um neue Datenzentren sowie die Einhaltung unterschiedlicher nationaler IT-Standards. Bild: Accenture

Neue Regeln und Vorschriften in zahlreichen Ländern der Welt behindern zunehmend den freien Fluss von Daten, IT-Produkten und IT-Dienstleistungen sowie die Mobilität von IT-Experten über Staatsgrenzen hinweg. Diese „digitale Fragmentierung“ beeinträchtigt nicht nur die globale Wirtschaft – sie bedroht auch die langfristigen Wachstumssausichten und Innovationsstrategien deutscher Unternehmen. Das zeigt eine Studie des Beratungsunternehmens Accenture.

Die Studie mit dem Titel „Digital Fragmentation: Adapt to Succed in a Fragmented World“ verdeutlicht, dass politische Vorgaben auf nationaler Ebene oft in guter Absicht erfolgen, etwa um den Datenschutz zu verbessern oder die Sicherheit im Internet zu erhöhen. Nebeneffekt sind jedoch Einschränkungen für Unternehmen, die unterschiedliche nationale Regelungen beachten und in erhöhte Sicherheitsmaßnahmen investieren müssen. Notwendig sei ein engerer Austausch zwischen Unternehmen und Regierungen, um politische Vorgaben umzusetzen und gleichzeitig Innovation und den Einsatz neuer Technologien voranzutreiben.

„Der Schlüssel zum Erfolg in der digitalen Wirtschaft der Zukunft liegt in der Nutzung von Daten“, betont Frank Riemensperger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture Deutschland. Daten bildeten die Grundlage für neue digitale Dienstleistungen rund um vernetzte Produkte. Mit der klugen Kombination von beidem könne sich gerade die deutsche Wirtschaft einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erarbeiten. „Wir müssen deshalb aufpassen, dass wir die richtige Balance zwischen notwendiger Regulierung und erforderlicher Freiheit finden“, fordert Riemensperger.

Für die Studie wurden mehr als 400 Chief Information Officers (CIOs) und Chief Technology Officers (CTOs) aus acht Ländern befragt, darunter auch aus Deutschland. Mehr als zwei Drittel der deutschen Manager (68 Prozent) erwarten demnach, dass sich ihr Unternehmen in den kommenden drei Jahren aufgrund neuer Vorschriften aus einem Markt zurückzieht, einen geplanten Markteintritt verschiebt oder auf die Erschließung eines neuen Marktes verzichtet. Dass international neue Hürden aufgebaut werden, zeigen zwei Vergleiche: So haben sich Maßnahmen der G20-Mitglieder, die den Handel einschränken, zwischen 2010 und 2016 von 324 auf 1.263 vervierfacht. Außerdem hat sich die Zahl der Länder mit Datenschutzgesetzen zwischen 1995 und 2015 verdreifacht von 34 auf über 100.

Regulierung bremst Geschäftstätigkeit

Welche konkreten Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit neue Regeln und Vorschriften haben können, zeigt die Studie ebenfalls. So sind mehr als die Hälfte der Befragten weltweit der Meinung, dass die Nutzung Cloud-basierter Dienste, der Einsatz von Daten- und Analytics-Services sowie die Abwicklung von Geschäftsprozessen über unterschiedliche nationale IT-Standards hinweg durch wachsende regulative Hemmnisse erschwert wird. In Deutschland fallen die Zahlen sogar noch höher aus: Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der Befragten erwarten Betriebseinschränkungen durch unterschiedliche Vorgaben einzelner Länder.

„Regulierung kann der digitalen Wirtschaft als Sicherheitsnetz dienen, aber sie sollte gleichzeitig Wachstum und Innovation fördern und nicht behindern“, sagt Frank Riemensperger. Gerade für die deutsche Wirtschaft sei das eine existentielle Frage. „Unsere wichtigsten Industrien sind alle extrem abhängig vom Export und gerade dabei, sich mit digitalen Geschäftsmodellen und Services neu zu erfinden“, so Riemensperger weiter. „Das sollen wir fördern und nicht ausbremsen.“

Der Studie zufolge fühlt sich mehr als die Hälfte der weltweit befragten Führungskräfte durch zunehmende regulative Hürden dazu gezwungen, ihre künftigen Aktivitäten in vielen Bereichen neu auszurichten. Das trifft vor allem auf die globale IT-Architektur (60 Prozent), den Standort der IT-Infrastruktur (52 Prozent) sowie die Cybersecurity-Strategie und entsprechende Ressourcen (51 Prozent) zu.

Verstärkte Kooperationen

Darüber hinaus erwarten mehr als 90 Prozent der Studienteilnehmer sowohl in Deutschland als auch weltweit einen Anstieg der IT-Kosten innerhalb der nächsten drei Jahre. Die größten Kostentreiber sind danach vor allem die aufwendigere Suche nach IT-Talenten, die erforderliche Erweiterung der IT-Infrastruktur etwa um neue Datenzentren sowie die Einhaltung unterschiedlicher nationaler IT-Standards.

„Im Gegensatz zum allgemeinen Tenor der Verfechter der Digitalisierung haben Staatsgrenzen immer noch eine große Bedeutung“, ist Frank Riemensperger überzeugt. „Führungskräfte aus der Wirtschaft erkennen zunehmend ihre Verantwortung bei der Gestaltung der Regeln für unsere digitale Zukunft“. Die rasanten Fortschritte in der Entwicklung künstlicher Intelligenz, in der Bio-Technologie und beim Internet der Dinge verdeutlichten, dass diese Reise gerade erst begonnen habe – und dass sie eine enge Zusammenarbeit über Länder- und Branchengrenzen hinweg erfordere. (ig)