Service entscheidet über Markterfolg

 Service entscheidet über Markterfolg

Bislang war der Autokauf eine klare Angelegenheit: Man ging zu seinem bevorzugten Markenhändler und ließ sich den Kauf von dessen hauseigener Bank finanzieren. Inzwischen geht auch bei Privatkunden der Trend zu einem Full-Service-Modell auf Leasingbasis. Bild: Bankenblatt

Die digitalisierte Welt verheißt Verbrauchern vor allem eines: einen grenzenlosen, hoch personalisierten und sehr flexiblen Service. Der reine Erwerb von Gütern war gestern, heute werden die Serviceleistungen rund herum zunehmend erfolgsentscheidend – die Automobilbranche bildet dabei keine Ausnahme. Damit ändert sich auch die Art, wie Mobilität eingekauft und finanziert wird – ein Markt, den bislang die herstellereigenen Banken (Captives) dominieren.

„Bislang war der Autokauf eine klare Angelegenheit: Man ging zu seinem bevorzugten Markenhändler und ließ sich den Kauf von dessen hauseigener Bank finanzieren. Inzwischen geht auch bei Privatkunden der Trend zu einem Full-Service-Modell auf Leasingbasis“, erklärt Sebastian Pfeifle, Global Auto Finance Lead bei Deloitte. Auch Privatkunden verlangten ähnlich wie Geschäftskunden inzwischen verstärkt nach modular aufgebauten Dienstleistungsverträgen für ihre Fahrzeuge. Dieser Wandel rufe neue Akteure auf den Plan. Anders als die Captives bildeten diese eine nahezu perfekte „Customer Journey“ nach dem One-Stop-Shop-Prinzip ab und gewännen so mehr und mehr Kunden. Um ihre starke Marktposition zu sichern, müssten die Autobanken ihr Geschäftsmodell erweitern. Die Deloitte-Studie „Omnipresence of Services & Direct Sales in Auto Finance“ arbeite dafür mögliche Ansätze aus.

Herausforderungen in einem schrumpfenden Markt

Auch und gerade in den sogenannten EU5-Märkten (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien) ist nach Jahren des Wachstums mit einem Abflachen des Neuwagenabsatzes zu rechnen. Branchenkenner gehen bis 2025 in Europa von einem jährlichen Absatzrückgang von 0,5 Prozent aus. Diese Entwicklung wird verschärft durch die sich wandelnden Mobilitätspräferenzen hin zu Carsharing und Rundum-Service-Modellen. Ein Beispiel sind die sogenannte Abo-Modelle, bei denen alle Kosten außer Tanken in einer Flatrate abgedeckt werden und dem Nutzer ein deutlich höheres Maß an Flexibilität gewährt wird.

Newcomer im Vorteil

Die Präferenzen der Verbraucher nähern sich in puncto Mobilität somit immer stärker jenen der Geschäftskunden an. Für die Anbieter bedeutet das: Die Trennlinie zwischen den beiden Segmenten weicht auf – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Geschäftsstrategie. Noch sind die Hersteller und ihre angegliederten Banken kaum in der Lage, den privaten Autonutzern entsprechende Angebote zu machen – anders als neue Player, die sich bislang auf Business-Dienstleistungen wie Flottenleasing und die zugehörigen Services spezialisiert haben. Sie verfügen über viel Erfahrung im B2B-Bereich, können oft bessere Preise und Konditionen anbieten und haben in der Regel hoch effiziente Betriebsmodelle. Zudem sind sie markenunabhängig, was einem aktuellen Trend bei den Kunden entgegenkommt. Mit diesen Vorteilen können sie den Etablierten Marktanteile streitig machen: Bis 2025 stehen in Kombination mit dem in Summe rückläufigen Marktvolumen damit bis zu 25 Prozent des aktuellen Geschäftsvolumens der Captives im Risiko – das entspricht rund 1,4 Millionen Fahrzeugen bzw. einem Gesamt-Asset-Volumen von 42 Milliarden Euro im Jahr. Eine bedrohliche Entwicklung für die Autobanken.

Etablierte müssen die Customer Journey in den Fokus rücken

Doch auch die Autobanken können ihre Trümpfe weiter ausspielen. Dazu gehören unter anderem die Vernetzung der Fahrzeuge im eigenen automobilen Ökosystem und damit verbundene Synergien, erhebliche verfügbare Ressourcen und ein unmittelbarer Kundenzugang. Wollen die Captives den Newcomern aber erfolgreich Paroli bieten, müssen sie sich weiterentwickeln. In erster Linie gehören dazu die Entwicklung der von den Kunden gewünschten Full-Service-Leasing-Angebote und On-Demand-Modelle sowie ein Direktvertrieb parallel zum klassischen Händlermodell. Die Autobanken müssen ihr Geschäftsmodell in diesem Zuge fundamental ändern: Statt sich nur auf den einmaligen Verkauf eines Produkts zu fokussieren, müssen sie ihr Geschäftsmodell auf laufende Erträge über den gesamten Kunden- und Produktlebenszyklus hinweg ausrichten.

„Klar ist: Die etablierten Marktteilnehmer müssen sich hier und jetzt anstrengen, um im Spannungsfeld von gesättigten Märkten, neuen Playern und einem Paradigmenwandel bei den Nutzern nicht zurückzufallen. Über die Zukunft der individuellen Mobilität ist bereits viel diskutiert und spekuliert worden – vom Ende der OEMs bis hin zu völlig neuen Geschäftsmodellen. In diesem Kontext reichen Korrekturmaßnahmen nicht. Die Hersteller und ihre angegliederten Banken müssen ihr Business völlig neu denken: weg vom reinen Verkäufer hin zu einem Servicedienstleister. Gerade die Captives können hierbei mit ihren Kompetenzen und Kapazitäten zum Treiber des Mobilitätswandels werden“, fasst Pfeifle zusammen. (ig)