Auf die Anforderungen der Elektromobilität einstellen

 Auf die Anforderungen der Elektromobilität einstellen

Freudenberg Sealing Technologies erwartet, dass reine Elektrofahrzeuge bis 2025 ein signifikantes Produktionsvolumen erreichen, da die Hersteller die Herausforderungen der Technologie und des Marktes bis dahin meistern. Bild: FST

Die Automobilindustrie verändert sich rasant. Und Zulieferer, die nicht auf die disruptiven Veränderungen in der Branche reagieren, werden auf Dauer nicht überleben. Das war die Kernbotschaft von Claus Möhlenkamp, CEO von Freudenberg Sealing Technologies, in seiner Präsentation auf den CAR Management Briefing Seminars 2018 (CAR MBS) am Center for Automotive Research in Traverse City in Michigan/USA.

Möhlenkamp brachte es gleich zu Beginn seiner Präsentation auf den Punkt: Freudenberg Sealing Technologies könnte rund 70 Prozent seines Umsatzes mit Produkten für die Automobilindustrie verlieren, wenn es die neuen Möglichkeiten rund um Elektromobilität und Brennstoffzelle nicht nutze. Er erläuterte, wie sich das Unternehmen als einer der weltweit größten Anbieter von Dichtungslösungen durch eine Reihe strategischer Initiativen derzeit neu definiert: interne organisatorische Neuausrichtung, neue technologische Partnerschaften, branchenübergreifender Technologietransfer, gezielte Investitionen in Kernkompetenzen und Eintritt in neue Märkte.

„Es geht nicht mehr darum, ob die Automobilzulieferer von der Disruption betroffen sind, sondern wann“, erklärte Möhlenkamp. „Jeder Zulieferer, der sich zu stark auf die verbrennungsmotorischen Antriebssysteme konzentriert, ist gefährdet und wird sich auf lange Sicht harten Herausforderungen stellen müssen. Deshalb ist es unerlässlich, die Veränderungen in der Branche als Chancen für das eigene Unternehmen zu nutzen.“

Vom Verbrennungsmotor in die Zukunft

Freudenberg Sealing Technologies geht davon aus, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auch in naher Zukunft noch eine wichtige Rolle spielen, zumal der Absatz von Plug-in-Hybriden mit Elektroantrieb und Verbrennungsmotor aktuell wächst. Das Unternehmen erwartet auch, dass reine Elektrofahrzeuge bis 2025 ein signifikantes Produktionsvolumen erreichen, da die Hersteller die Herausforderungen der Technologie und des Marktes bis dahin meistern.

Möhlenkamp verwies auf die lange Innovationsgeschichte und den erfolgreichen Wandel der Freudenberg-Gruppe angesichts früherer bedeutender technologischer Veränderungen in ihren Absatzmärkten. Freudenberg habe stets genau analysiert, wie sich der aktuelle Wandel auf die einzelnen Bereiche des Unternehmens auswirken wird. Das reiche von Forschung und Entwicklung über Produktentwicklung und Fertigungsprozesse bis hin zu Lieferkette, Marketing, Vertrieb und Mitarbeitern.

Freudenberg Sealing Technologies entwickelt seit Jahren Komponenten zur Optimierung des Verbrennungsmotors. Dazu zählen zum Beispiel reibungsarme Dichtungen wie Levitex, Levitorq und Levitas. Diese Lösungen werden jetzt entsprechend angepasst, um sie auch in Fahrzeugen mit batterieelektrischem Antrieb oder mit Brennstoffzellen einsetzen zu können, so Möhlenkamp. Denn auch für die Mobilität der Zukunft seien Dichtungstechnologien wichtig, die Reibung vermindern, Leistung und Effizienz steigern und die Anforderungen an Leichtbau und kompaktes Produktdesign erfüllen.

„Wir wollen grundsätzlich für fast alle Komponenten eines Elektrofahrzeugs maßgeschneiderte Produkte anbieten“, so Möhlenkamp weiter. Um das zu erreichen, hat sich das Unternehmen organisatorisch neu aufgestellt und zusätzliche System- und Modulkompetenzen im Bereich Lithium-Ionen-Batterien und Brennstoffzellentechnologie durch technologische Partnerschaften aufgebaut.

Neue Organisation, neue Akteure

2017 hat Freudenberg Sealing Technologies eine eigene Vertriebs- und Marketingorganisation für Elektromobilität ins Leben gerufen, um sein wachsendes Engagement für alternative Antriebstechnologien effizient zu unterstützen. Das Ziel war, neue Produkt- und Servicemöglichkeiten für den elektrifizierten Antrieb zu definieren und entsprechende Lösungen zu entwickeln. Dafür hat das Unternehmen sein Produktportfolio bereits um einige innovative Dichtungslösungen erweitert. Sie adressieren unter anderem das Thermomanagement, höhere Sicherheitsstandards, eine lange Batterielebensdauer, Ladung und elektromagnetische Abschirmung.

Die Analyse hat laut Möhlenkamp außerdem ergeben, dass sich für das Unternehmen auch außerhalb der traditionellen Automobilanwendungen viele Möglichkeiten für zusätzliche Produkte rund um Elektromobilität und Brennstoffzelle bieten. Um diese Chancen effizient zu nutzen, habe Freudenberg Sealing Technologies unter anderem eine neue Division für Batterie- und Brennstoffzellentechnik gegründet, die nun zwei kürzlich erfolgte Akquisitionen beheimatet: Anfang 2018 übernahm Freudenberg Sealing Technologies Teile des Brennstoffzellen-Herstellers Elcore in Deutschland. Wenig später erwarb das Unternehmen zudem eine Minderheitsbeteiligung an der US-amerikanischen Firma XALT Energy. Das Unternehmen mit Sitz in Midland (Michigan) produziert großformatige Lithium-Ionen-Batteriezellen, -Module und -Systeme für den Einsatz in schweren Nutzfahrzeugen, für Stadt- und Transitbusse, für die Marine-Industrie sowie für andere, industrielle Anwendungen.

Elektromobilität und Brennstoffzelle

Möhlenkamp zeigte sich überzeugt, dass diese strategischen Initiativen – Reinvestitionen in Kernkompetenzen, interne Reorganisation, technologische Partnerschaften und neue Zielmärkte – Freudenberg Sealing Technologies helfen, die aktuellen Veränderungen in der Automobilindustrie erfolgreich zu meistern und in Zukunft noch stärker zu agieren. Nicht zuletzt würden auch die beachtlichen technologischen Ressourcen der gesamten Freudenberg-Gruppe entscheidend dazu beitragen, dass sein Unternehmen Innovationen für die Elektromobilität und Brennstoffzelle schneller, effizienter und effektiver auf den Markt bringen könne.

Freudenberg Sealing Technologies nutze bereits die Forschung und Materialentwicklung von Schwesterunternehmen wie Freudenberg Filtration, Freudenberg Performance Materials, Freudenberg Medical und Vibracoustic, erläuterte Möhlenkamp. Mit der zukünftigen Entwicklung alternativer Antriebssysteme werden sich seiner Überzeugung nach noch weitere Möglichkeiten ergeben, bestehende Technologien auf neue Problemstellungen anzuwenden. (ig)