Evolution statt Planung

 Evolution statt Planung

Digitaler Zwilling eines Roboterarmes auf einem Tablet Bild: shutterstock.com/Autor: Beros919

Viele Industrieunternehmen stellen sich zunehmend die Frage, wie sie das Industrial Internet of Things (IIoT) für ihre Produktionsumgebungen anwenden können und welche Auswirkungen das Internet der Dinge auf das Geschäftsmodell und die bestehende IT hat. Sicher ist, dass mit Projekten dieser Art viele Ängste verbunden sind, die oft durch die hohe Komplexität in den Anforderungen und internen Prozessen begründet ist.

Der erste wichtige Tipp: Komplexität reduzieren und nicht alle Abteilungen integrieren.

Jeder, der schon einmal strategisch wichtige Projekte koordiniert hat, kennt die Tücken und Fallstricke, die einen bei der Umsetzung erwarten. Alle Abteilungen sollen möglichst eingebunden werden, ein vollständiges Lastenheft muss dabei entstehen und 100 Besprechungen sind dafür notwendig. Oft startet das Projekt erst nach Monaten und es vergehen Jahre, bis die Implementierung erfolgt ist. Was vielleicht bei einem ERP-System noch irgendwie vertretbar war, ist der Tod eines jeden IIoT-Projekts – deshalb zu Beginn überschaubare Ziele setzen und mit einem kleinen Team beginnen.

Tipp zwei: Kleine Schnellbote starten anstatt den großen Tanker zu Wasser lassen.

Ein gutes IIoT Projekt reift mit der Zeit wie guter Wein. Zu Beginn steht vielleicht nur eine Zielsetzung fest – beispielsweise die Optimierung des Stromverbrauchs bei Klimaanlagen. Später kann daraus aber die Stromoptimierung für die gesamte Fabrikanlage entstehen. Entscheidend für den Erfolg ist deshalb ein schlagkräftiges Team, das agil, schnell und flexibel Anwendungen auf den Weg bringt und die gleichen Interessen hat. Wichtig: Bedenkenträger müssen erst einmal zu Hause bleiben. Es gibt nichts Anstrengenderes als Diskussionen mit Personen zu führen, etwa aus der IT, die keine Cloudlösungen wollen, weil sie Angst vor Veränderung haben.

Tipp drei: Immer offen für neue Lösungen bleiben.

IIoT-Applikationen unterliegen hohen Entwicklungsgeschwindigkeiten und müssen einem deutlich stärkeren Druck von veränderten Rahmenbedingungen standhalten. Im Gegensatz zu ERP-Software, die oft recht generisch sind, bestimmte Anforderungen haben und klare Lösungen versprechen, verändern sich sowohl die Möglichkeiten als auch die Anwendungen im IIoT ständig. Mit der rasanten technischen Entwicklung ergeben sich daher auch immer wieder neue Lösungen für die geplanten Aufgaben. Deshalb gilt auch hier die Devise: Je agiler das Team bleibt, desto schneller können neue Maschinen integriert, Microservices entwickelt und Analyse-Algorithmen implementieren werden, an die zu Beginn des Projekts noch keiner gedacht hat. Denn nichts ist frustrierender, als nach einem aufwendigen Prozess feststellen zu müssen, dass die Technologie, die man nun einsetzt, schon wieder veraltet ist.

Tipp vier: IIoT-Dienstleister wechseln, so lange noch Zeit ist.

Nicht die Komplexität beweist, dass ein IIoT-Projekt sinnvoll organisiert ist, sondern genau das Gegenteil. Wenn der Dienstleister nur eine Plattform anbietet, „Vendor-Lock-ins“ die logische Folge davon sind und ganze Abteilungen geschult werden müssen, ist es an der Zeit, kritisch nachzufragen. IIoT-Technologie zeichnet sich dadurch aus, dass kleine Anwendungen schnell implementiert werden können und sich erste Erfolge zügig einstellen. Im Worst-Case nämlich hat sich die eingesetzte Plattform als nicht ausgereift oder wettbewerbsfähig genug erwiesen und wird in einem langwierigen Prozess komplett durch die Lösung eines anderen Anbieters ersetzt, der gerade die Nase vorne hat. Die Schleife beginnt von neuem. Das Resultat sind enorme Kosten, hoher Ressourceneinsatz und unnötiger Innovationsstillstand. Deshalb empfiehlt es sich, zu Beginn mehrere Dienstleister anzusehen und zu vergleichen.

Fazit

Starten Sie anfangs mit einem kleinen und agilen Team. Denken Sie immer daran: Jede zusätzliche Ebene reduziert die Geschwindigkeit exponentiell. Setzen Sie sich erste konkrete Ziele, die Sie auch schnell umsetzen können. Binden Sie sich dabei nicht an einzelne Plattformen, Programmiersprachen, Datenbanken und Entwicklerteams. Versuchen Sie, mit Microservices flexibel zu bleiben. Verinnerlichen Sie, dass ein IIoT-Projekt nie ganz abgeschlossen, sondern ein fortlaufender, evolutionärer Prozess ist, aus dem sich immer neue Möglichkeiten ergeben. Wenn Sie sich daranhalten, wird Ihr IIoT-Projekt nicht zum Horrorerlebnis, sondern zu einem Gewinn für das ganze Unternehmen. (Benjamin Ullrich, Geschäftsführer elunic GmbH)