Solarstrom immer beliebter

 Solarstrom immer beliebter

Photovoltaik-Technologie ist im vergangenen Jahrzehnt um mehr als 75 Prozent günstiger geworden. Bild: BSW Solar

Immer mehr Gewerbe- und Industriebetriebe in Deutschland sichern sich mit der eigenen Photovoltaikanlage verlässliche Strompreise und senken ihren CO2-Ausstoß. Allein im ersten Quartal dieses Jahres stieg nach Berechnungen des Bundesverbandes Solarwirtschaft die installierte Leistung gewerblicher Photovoltaikanlagen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 50 Prozent (von 218,9 Megawatt auf 328,3 Megawatt). Um Unternehmen den Einstieg in die Solarstromnutzung zu erleichtern, haben der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) das Faktenpapier „Eigenerzeugung, Eigenversorgung, Mieterstrom und Stromdirektlieferung“ herausgebracht.

„Gerade der Mittelstand kann mit der eigenen Photovoltaikanlage die Energiekosten senken und zugleich einen wichtigen Beitrag für die Energiewende leisten“ ist Dr. Sebastian Bolay, Leiter des Referats Strommarkt und erneuerbare Energien bei DIHK, überzeugt. „Photovoltaik-Technologie ist im vergangenen Jahrzehnt um mehr als 75 Prozent günstiger geworden“, ergänzt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. Dadurch sei heute selbst erzeugter Solarstrom auch für den industriellen Mittelstand preiswerter als Elektrizität vom Versorger. Stromkunden mit Lastgangmessung könnten die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik-Investition zusätzlich steigern, wenn sie mit selbsterzeugtem Solarstrom und Batteriespeicher die Jahreshöchstleistung und damit die Energiekosten senken würden.

Finanzielle und bürokratische Hindernisse

Die Eigenversorgung mit Solarenergie erfreut sich ohnehin immer größerer. Gleichzeitig allerdings werden ihr gegenwärtig in Deutschland und einigen anderen EU-Mitgliedsstaaten zum Teil noch immer erhebliche finanzielle und bürokratische Hindernisse in den Weg gelegt. Damit könnte bald Schluss sein: Europäisches Parlament, Europarat und EU-Kommission einigten sich darauf, dass die Selbst- und Direktversorgung von Verbrauchern und Mietern mit Erneuerbaren Energien künftig nicht mehr diskriminiert und behindert werden darf.

Nach Einschätzung des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. sollte diese Entscheidung die Bundesregierung dazu ermuntern, die Rolle dezentraler Energiewende-Lösungen und Quartierskonzepte zu stärken und bestehende Marktbarrieren zeitnah abzubauen. „Sonnensteuern auf selbst verbrauchten Solarstrom werden nun ebenso fallen müssen wie der 52-Gigawatt-Ausbaudeckel für die Photovoltaik im deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz“, fordert BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.

Deutlich mehr Solarpotenzial

Die Belastung von Solarstrom zur Eigen- und Mieterstromversorgung mit der EEG-Umlage wurde in Deutschland im Jahr 2014 eingeführt. Sie verlängert die Zeit, bis sich solche Photovoltaik-Projekte bezahlt gemacht haben um mehrere Jahre. „Die Belastung des Eigenverbrauchs hat zu einem deutlichen Rückgang des Photovoltaik-Markts beigetragen. Fällt diese Marktbarriere, könnte auf Gewerbe-, Industrie- und Wohngebäuden noch deutlich mehr Solarpotenzial gehoben und die Klimabilanz Deutschlands erheblich verbessert werden“, erklärt Körnig.

Der Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch dieser Woche auf eine Neufassung der EE-Richtlinie verständigt, die zum Teil nennenswerte Verbesserungen für Ausbau und Nutzung Erneuerbarer Energien vorsieht. Darunter findet sich auch eine Anhebung der EE-Ausbauziele auf 32 Prozent am gesamten europäischen Energiemix. „Wir haben uns zwar einen Anteil von 35 Prozent Erneuerbare Energie gewünscht, doch selbst dieses niedrigere Ziel werden wir nur mit einer deutlich stärkeren Nutzung der Solarenergie im Strom- Wärme- und Mobilitätsbereich erreichen können“, ist Körnig überzeug. Nach einem massiven Preisrückgang stünden Solarenergie und Speicher nun bereit, eine deutlich größere Rolle für eine sichere und preiswerte Energieversorgung zu leisten. In Deutschland liege der EE-Anteil am Bruttoendenergieverbrauch derzeit bei rund 15 Prozent.

Hintergrund

Im Grundsatz sollen einzelne Personen und Gruppen von Personen nach der Artikel 21 der neuen EE-Richtlinie künftig dazu berechtigt werden, Strom aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, auch für den Eigenverbrauch, überschüssige Energie zu speichern und zu verkaufen, auch über Stromabnahmevereinbarungen, Stromversorgungsunternehmen und Peer-to-Peer-Plattformen, ohne dabei auf diskriminierende und überlastende Bedingungen zu stoßen. Die Mitgliedsstaaten haben künftig dafür zu sorgen, dass Eigenverbraucher Erneuerbarer Energien, individuell oder über Aggregatoren, das Recht zur Installation und Betrieb von Stromspeichersystemen in Verbindung mit Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarer Energie für den Eigenverbrauch erhalten, ohne jegliche Doppelbesteuerung wie etwa Netzentgelte für gespeicherten Strom, der im eigenen Haushalt verbleibt.

Die Richtlinie muss nun im Rahmen einer der nächsten EU-Ratssitzungen bestätigt und vom EU-Parlament formell bekräftigt werden, bevor sie im Journal der Europäischen Union (Amtsblatt) offiziell bekannt gegeben wird und damit in Kraft tritt. EU-Mitgliedstaaten haben ab dem Zeitpunkt 18 Monate Zeit, die Richtlinie in nationales Recht zu überführen. (ig)