Souveräner Datenaustausch in digitalen Wertschöpfungsketten

 Souveräner Datenaustausch in digitalen Wertschöpfungsketten

Der „Trusted Connector“, den das Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC entwickelt hat, ist eine Kernkomponente der Daten- und Sicherheitsarchitektur des Industrial Data Space. Bild: Fraunhofer

Die Kontrolle über die eigenen Daten behalten, Daten wirtschaftlich und kooperativ in einem Vertrauensnetzwerk nutzen und auf diese Weise neue digitale Wertschöpfungsketten schaffen: Dafür steht die Initiative „Industrial Data Space“, in der zwölf Fraunhofer-Institute mit mehr als 80 internationalen Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft an einem neuen Standard für den Datenaustausch zwischen Unternehmen arbeiten. Wie weit die Entwicklung des „Industrial Data Space“ vorangeschritten ist, zeigten drei Fraunhofer-Institute und der Industrial Data Space e.V auf der Hannover Messe Industrie.

Die Leistungsangebote von Unternehmen bestehen immer häufiger aus einer Kombination von physischen Produkten und digitalen Dienstleistungen, die individuell auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten werden. Um derartige »hybride Leistungsbündel« anbieten zu können, schließen sich zunehmend Unternehmen zusammen, die im Rahmen ihrer Kooperation wertvolle Daten sicher und souverän austauschen müssen. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten vorwettbewerblichen Arbeiten der Fraunhofer-Gesellschaft am „Industrial Data Space“ zielen darauf ab, einen Standard für den Datenaustausch in derartigen Geschäftsökosystemen zu schaffen.

Seit 2015 arbeiten zwölf Institute an der Ausgestaltung. Zur Hannover Messe Industrie 2018 zeigen drei dieser Institute die Nutzung des Standards in Logistik- und Produktionsprozessen, sichere Konnektoren für Unternehmen sowie das Referenzarchitekturmodell 2.0. Die Messe bildete gleichzeitig den Abschluss der ersten Projektphase des „Undustrial Data Space“ und war Auftakt für die Erweiterung der Arbeiten im Rahmen einer zweiten Förderphase durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie durch die Fraunhofer-Gesellschaft im Rahmen des „Forschungszentrums Data Spaces“. Die Präsentationen werden ergänzt durch die Vorstellung der Umwandlung des Industrial Data Space e.V. in die „International Data Spaces Association“.

Industrial Data Space in Produktion und Logistik

Wie die Kernkonzepte des Industrial Data Space in Produktionsumgebungen umgesetzt werden können, zeigte das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB: Anhand eines Mixvorgangs von Flüssigkeiten werden Daten wie beispielsweise die Temperatur oder der Füllstand des Gefäßes erfasst und per OPC UA an einen Industrial Data Space-Konnektor transferiert. Dort können sie von einem anderen Datennutzer mithilfe seines eigenen Industrial-Data- Space-Konnektors abgerufen und entsprechend der getroffenen Nutzungsvereinbarungen verwendet werden. Die Anwendung greift dabei insbesondere auf die Komponenten zur Nutzungskontrolle, das Vokabular, den sicheren Datenaustausch und moderne Industrieprotokolle zurück.

Das Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST hat unter Verwendung des Industrial-Data-Space eine Lösung für die Logistik entwickelt: Mit RIOTANA können bestehende Infrastrukturen schnell und kostengünstig unter Wahrung der Datensouveränität digitalisiert werden. Mit einem eigens entwickelten Industrial Data Space-Sensor Connector lassen sich bestehende Assests wie Stapler oder sonstige Hilfsmittel leicht in das Internet der Dinge einbinden. RIOTANA erlaubt die Verarbeitung der erzeugten Daten in Echtzeit und berücksichtigt dabei die den Daten angehefteten Berechtigungen. Auf der Messe zeigte das Institut ein Szenario, in dem die Daten an den Geräten eines Betreibers erzeugt und an einen Daten-Mehrwertdienstleister zur dynamischen Berechnung des nächsten Wartungszeitpunktes (Predictive Maintenance) weitergeleitet werden. Das Ergebnis wird dem Wartungsdienstleister auf Basis des Industrial-Data-Space bereitgestellt. Der Betreiber behält somit aufgrund der Durchsetzbarkeit von Terms of Use die Möglichkeit, die Kontrolle über seine Daten zu behalten und nur Daten in der je nach Anwendungszweck höchstmöglichen Aggregationsstufe Dritten bereitzustellen.

Der „Trusted Connector“, den das Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC entwickelt hat, ist eine Kernkomponente der Daten- und Sicherheitsarchitektur des Industrial Data Space. Er ermöglicht eine sichere Nutzung von Daten in kritischen Unternehmensbereichen. Nur vertrauenswürdige und nicht-manipulierte Geräte werden für kritische Entscheidungen genutzt. Eine sichere Ausführungsumgebung basierend auf Containern ermöglicht eine Vorverarbeitung der Daten im Konnektor selbst. Durch die Durchsetzung der vollen Nutzungskontrolle können Daten nur für die vorgesehene Nutzung verwendet werden. (ig)