Industrie 4.0 zum (Be-) Greifen nah

 Industrie 4.0 zum (Be-) Greifen nah

Festo berät als Mitglied der Plattform Industrie 4.0 die Bundesregierung, entwicklt Aus- und Weiterbildungskonzepte und Qualifizierungsmaßnahmen für neue Berufsbilder und erforsche Visionäres im Bionic Learning Network. Bild: Festo

Schon zum achten Mal hat die Hannover Messe das Thema Industrie 4.0 zum Leitmotiv erhoben. Welche digitalen Lösungen schon zum Begreifen, aber auch zum Greifen nah sind, will Festo im Rahmen der Messe, vom 23. Bis 27. April 2018, zeigen. Einige davon sind im heute schon im eigenen Unternehmen im Einsatz.

„Industrie 4.0 ist auf jeden Fall mehr als ein Marketing-Hype“, erklärt Eberhard Klotz, Leiter der Kampagne Industrie 4.0 bei Festo. „Es stehen konkrete Projekte und Produkte dahinter.“ Beispielsweise berate Festo als Mitglied der Plattform Industrie 4.0 die Bundesregierung, entwickle Aus- und Weiterbildungskonzepte und Qualifizierungsmaßnahmen für neue Berufsbilder und erforsche Visionäres im Bionic Learning Network mit autonomen und sich selbst steuernden Systemen, wie den BionicANTs, oder den Prototypen eines interaktiven, kollaborativen, pneumatischen 7-Achs-Robotern wie dem BionicCobot.

Reale Industrie-4.0-Produkte

Daneben gibt es bereits reale Produkte der Automatisierungstechnik: integrierte Antriebspakete, modulare Ventilinseln mit OPC-UA und IOT-Gateways, dezentrale CODESYS-Steuerungen und autarke mechatronische Subsysteme zertifiziert nach IP20 oder IP65. Dazu kommen Apps und Cloud-Konzepte. „Die meiste Strahlkraft hat aber die Top-Innovation der Pneumatik: das Festo Motion Terminal“, betont Klotz. Das Festo Motion Terminal sei die erste Automatisierungsplattform, die als Cyber-Physikalisches-System aufgebaut sei und bis zu 50 pneumatische Einzelfunktionen ersetzen könne.

„Im Vergleich zu Beratungsfirmen haben wir bei Festo den Vorteil, jede Menge Anwenderwissen aus eigenen Pilotprojekten unserer Fertigung in der Technologiefabrik in Ostfildern-Scharnhausen zu generieren“, erläutert Klotz. Dazu gehörten Themen wie Energiemanagement und -optimierung sowie innovative One-piece-flow-Konzepte dank standardisierter Vernetzung, mobile Instandhaltung mit Tablett-Computern oder automatisierte flexible Prüfsysteme für individuelle Produkte.

Energiemanagement

Das neue Fabrikgebäude von Festo in Ostfildern-Scharnhausen ist beispielsweise so konzipiert, dass es die höchsten Energiestandards erfüllt: Es erhielt daher Solaranlagen und folgt Wärmerückgewinnungskonzepte. Ziel war es auch, die Energiedaten einfach vergleichbar und vernetzbar mit den Verbrauchswerten aller Maschinen zu machen. „Daher hat Festo diese mit dem Kommunikationsstandard OPC-UA ausgestattet und ein Konzept umgesetzt, mit dem unser Unternehmen ein Drittel der Energie im Vergleich zur alten Fabrik in Esslingen-Berkheim einspart“, beschreibt Eberhard Klotz.

Festo stattete die neue Technologiefabrik mit flexibleren Maschinen und Anlagen aus, die sich am Konzept der SmartFactoryKL orientiert. Hierdurch können Chargenwechsel von nur noch 13 Sekunden im Vergleich zu den vorher eingesetzten Maschinen und Anlagen, die eine halbe bis zu mehreren Stunden in Anspruch nahmen, erreicht werden. Das gilt auch für den Tausch einzelner Stationen und modularer Zellen, was jetzt an einem Nachmittag statt in mehreren Wochen oder Monaten durchgeführt werden kann oder sogar der Umzug einer Anlage an einen neuen Standort, welcher in nur drei Tagen – statt in drei Wochen abgewickelt werden kann.

Vernetzung

Als Basis eines optimierten Kanban- und One-piece-flow-Konzepts hat Festo viele Maschinen mit OPC-UA nachgerüstet. Fällt in einer mehrstufigen Produktionskette eine Ressource aus und führt zu niedriger Fertigungskapazität, werden alle vorgelagerten Prozessschritte automatisch heruntergeregelt und auf diesen Bottleneck optimiert. Das vermeidet nach Aussage von Klotz Pufferlager, die sonst für teures Geld in der Nachtschicht oder am Wochenende abgearbeitet werden mussten.  „Die Einführung von Tablet-Computern in der Instandhaltung entpuppte sich als halber Geniestreich“, freut sich Klotz: Nicht nur die Gesamtanlageneffektivität, der OEE, aller Produktionsanlagen steigt, auch die Mitarbeiter zeigen sich motivierter. Die Vernetzung optimiert in Zukunft die Wertschöpfung mit einem Return-on-investment von weniger als sechs Monaten.

Im Einsatz beim Kunden

Kundenanwendungen im In- und Ausland zeigen das Innovationspotenzial von Industrie 4.0 weltweit. So bauen Kunden von Festo modulare Maschinenkonzepte nach dem Industrie-4.0-Ansatz für die Automobilindustrie und sparen sechs Wochen vom Angebot bis zu Auslieferung oder nutzen IP65-Steuerungen von Festo zur Automation ohne Schaltschrank, um günstiger anbieten zu können.

Weitere Anwender lösen aufwändige FDA-Zulassungen mit dem revolutionären Festo Motion Terminal und vermeiden damit Chargenwechsel und Formatverstellungen an manuellen Drosseln. Wieder andere erwägen, über Cloud-basierte Konzepte Teile der präventiven Instandhaltung und des Ersatzteilgeschäfts an Festo zu delegieren, und sich im Sinne eines Lean-Management-Ansatzes auf Ihre Kernkompetenz zu konzentrieren – und dafür aber auch ein neues Preismodell zu finden. (ig)