Wettbewerbsvorteile durch Data Science-Teams

 Wettbewerbsvorteile durch  Data Science-Teams

Heutzutage entscheidend: Die Fähigkeit, große Mengen an Unternehmensdaten gewinnbringend analysieren zu können. Foto: Konstantin Hermann / fotolia.

In allen Unternehmen mit mehr oder weniger komplexen Geschäftsprozessen fallen heutzutage Unmengen an Daten an. Die Fähigkeit, diese Daten gezielt zu analysieren, bringt eine Vielzahl an positiven Effekten mit sich – entsprechend gefragt sind mittlerweile Spezialisten, die das nötige Know-how im Bereich Data Science mitbringen.
Voraussetzung für die sinnvolle Analyse großer Datenmengen ist Fachpersonal mit einem tieferen Verständnis dafür, was sich aus diesen Informationen herauslesen lässt und wie sie sich gewinnbringend nutzen lassen. Denn es ist längst kein Geheimnis mehr, dass ein Unternehmen mit einem eigenen, professionellen Data Science-Team einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil in seinem Besitz hält.
Geringes Angebot an Spezialisten
So hoch das Thema Data Science in den Führungsetagen gehandelt wird, so ernüchternd ist die Situation am Arbeitsmarkt – speziell dafür ausgebildete Experten sind rar gesät. Aus dieser Not heraus mussten sich bisher oft einzelne Mitarbeiter selbstständig in das weite Feld der Data Science einarbeiten. Doch trotz oftmals hoher Motivation, gepaart mit Wissen um Datenbestände und Prozesse des eigenen Unternehmens: Angesichts immer größerer Datenmengen kommen diese autodidaktischen „Datenbastler“ heute immer schneller an ihre Grenzen.
Professionalisierung Erforderlich
Um mit ihren Produktentwicklungen und Dienstleistungen am Markt zu bestehen sowie ihre internen Abläufe zu optimieren, sind Unternehmen zunehmend auf analytische Einsichten „hauptberuflicher“ Data Science Teams angewiesen. Diese müssen nicht nur technisch versiert sein, sondern auch die Marktsituation ihres Unternehmens kennen und idealerweise auch über hohe kommunikative Kompetenz verfügen. Infolge dieser umfassenden Anforderungen erlebt der Bereich Data Science seit einigen Jahren eine zunehmende Professionalisierung und Standardisierung.
Die Anwendungsfälle
Beim Aufbau von Kapazitäten zur gezielten Datenanalyse steht am Anfang die Frage: Welches unternehmerische Ziel soll damit verfolgt werden? Denn von der Antwort hängt ab, in welcher Form die Datenschätze ausgewertet werden sollen: Entweder über Ad-hoc-Analysen oder aber im Rahmen einer analytischen Applikation.
Die Ad-hoc-Analyse ist statischer Natur – sie wird nicht produktiv genutzt bzw. ist nicht im Kontext einer Anwendung zu sehen. Ein klassisches Beispiel hierfür wäre eine Kundensegmentierung, die aus einer „Momentaufnahme“ der Kundenbasis zu einem gewissen Zeitpunkt entstanden ist. Daraus lassen sich dann unternehmerische Handlungsempfehlungen ableiten, umsetzen und schlussendlich auch evaluieren. Entscheidend ist aber, dass dies nicht fortlaufend geschieht.
Dem gegenüber steht die analytische Applikation. Auch hier erfolgt eine Segmentierung, d.h. Einteilung in Gruppen, aber sie ist anwendungsspezifisch: Beispielsweise könnten Besucher einer Unternehmenswebseite kategorisiert werden (etwa nach Herkunftsland), um die Nutzererfahrung zu individualisieren (in Form von länderspezifischen Informationen, Angeboten etc.). Die Verarbeitung der dafür nötigen Information kann auch in Echtzeit geschehen.
Das beste Data Science Team nützt allerdings wenig, wenn es nicht sinnvoll in die Strukturen eines Unternehmens eingepasst wird. Grundsätzlich gibt es hier zwei Möglichkeiten: Die Bündelung der entsprechenden Kompetenzen oder aber eine dezentrale Verteilung über mehrere Abteilungen eines Unternehmens hinweg.
Zentral oder dezentral?
Ein Data Science Team lässt sich als eigene Abteilung (also quasi ein „Data Science Competence Center“) organisieren. Es ist aber genauso gut möglich, dass ein oder mehrere Data Scientists in Unternehmensabteilungen integriert werden, die entsprechende Kompetenzen benötigen. Um die richtige Lösung für das eigene Unternehmen zu finden, lohnt ein Blick auf die Vor- und Nachteile beider Optionen.
Ein dezentrales Team ist in der Regel sehr nah „am Geschehen“ – der Data Scientist hat das zu lösende Problem direkt vor Augen. Auch ist eine direktere Abstimmung mit den auftraggebenden Abteilungen möglich. Es besteht jedoch dadurch auch die Gefahr, dass der Spezialist verstärkt ins „Tagesgeschäft“ eben jener Abteilungen involviert wird. Durch die räumliche Trennung von seinen eigenen Fachkollegen ist zudem der Data Science-spezifische Wissensaustausch schwieriger.
Zentral organisierte Teams haben dieses Problem nicht: Hier lässt sich Fachkompetenz durch das direkte Lernen voneinander weitaus schneller auf- und ausbauen. Auch sind innerhalb des Teams weitere Spezialisierungen im Rahmen der Aufgabenteilung möglich. Zudem ist der Leiter der Abteilung in der Regel selbst Data Science-Spezialist und kann den Einsatz seines Teams so effizienter gestalten. Erkauft werden diese Vorteile mit längeren Abstimmungswegen zu den beauftragenden Fachabteilungen, deren Geschäftsprozesse zudem für „Auswärtige“ nicht so leicht verständlich erscheinen. Das Ausarbeiten geschäftsfeldspezifischer Lösungen kann dadurch erschwert werden.
Schlussfolgerungen
Sobald sich der Bedarf eines Unternehmens von „Einzelfällen“ (Ad-hoc-Analysen) hin zur fortgesetzten, anwendungsspezifischen Auswertung (einer analytischen Applikation bzw. einem Data Product) entwickelt, empfiehlt sich die Zentralisierung in einem Data Science Competence Center. Denn in diesem Rahmen ist es möglich, Spezialisierungen zu entwickeln, die zum Lösen komplexer Auswertungsaufgaben bzw. der Entwicklung veranschaulichender Applikationen notwendig sind. Dafür wollen Geschäftsfelder verstanden, Daten aufbereitet, Modelle entwickelt und Software programmiert werden – ein umfangreiches Aufgabenportfolio also, das koordiniertes Vorgehen erfordert. Einzelne, übers Unternehmen verteilte Mitarbeiter können derartigen Anforderungen nur schwer gerecht werden.
Eine zentrale Einheit bringt allerdings auch gewisse Probleme mit sich. Häufig genannt wird etwa das (vermeintlich) fehlende Verständnis für die Geschäftsprozesse in einer spezifischen Abteilung. Um dem Fachbereich kompetente Ansprechpartner an die Hand zu geben, ist allerdings wiederum eine gewisse Spezialisierung und Fortbildung der einzelnen Data Scientists nötig. Ob zentral oder dezentral: Eine feste Teamstruktur ist für die Datenspezialisten in jedem Fall notwendig, also auch separate Räumlichkeiten, fest eingeplante Zeiten für Meetings etc. Denn das schafft die Freiräume, in denen die Spezialisten ihre Fähigkeiten optimal ausspielen und weiterentwickeln können. Ansonsten besteht die Gefahr, dass gute (und teure) Data Scientists nicht zu ihrer eigentlichen Aufgabe kommen, sondern primär kurzfristige Analyse- und Reporting-Aufgaben erfüllen (Stichwort: Einbindung ins Tagesgeschäft).
Die hier dargestellten Überlegungen zur Organisation sind natürlich nur der erste (wenngleich durchaus erfolgsentscheidende) Schritt. Anschließende Überlegungen könnten etwa sein: „Welche Prozesse, Methoden und Standards bieten sich an?“ oder „Wie funktioniert eigentlich das Projektmanagement in diesem speziellen Kontext?“
Greta Meis ist Mitarbeiterin der Unternehmensberatung b.telligent mit Sitz in München.