ReTool: Aus Schrottwerkzeugen neue machen

 ReTool: Aus Schrottwerkzeugen neue machen
Um schwer zerspanbare Werkstoffe wie Titan zu bearbeiten, werden Hartmetallwerkzeuge eingesetzt. Obwohl überaus robust, sind sie dennoch schnell abgenutzt und landen im Schrott – das anschließende Recycling durch Zerkleinerung und Einschmelzen ist energie- und kostenintensiv. Die ressourcenschonende Alternative: Verschlissene Werkzeugen direkt in neue verwandeln.

Aus Schrottwerkzeugen werden direkt kleinere Werkzeuge geschliffen: Im Rahmen des Projekt ReTool haben die Forscher Yanwei Liu vom Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) und Niels Heuwold von der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik in Berlin diese Idee wahr werden lassen. Dazu werden Geometrien und Schadenszustand der einzelnen Teile im Werkzeugschrott bewertet und den einzelnen Teilen kleinere Werkzeuggeometrien zugeordnet, die optimal daraus geschliffen werden können.

Das geschieht natürlich nicht manuell: Im Rahmen des Projekts sind auch entsprechende Analyse- und Informationssysteme entstanden. Das im IFW entwickelte Simulationsprogramm für spanende Bearbeitung namens CutS etwa ist in der Lage, den kompletten Schleifprozess zu planen (sofern das Umschleifen eines Schrottwerkzeugs in eine neue Geometrie als sinnvoll erkannt wurde).
Ein lohnender Ansatz
Lohnt sich dieses System? Liu kann die Frage klar mit Ja beantworten: „Für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen haben wir den Umschleifprozess mit der konventionellen Herstellung aus Hartmetall-Rohlingen verglichen und als Parameter die Durchmesser variiert“, erläutert Liu. „Die größte Ersparnis – nämlich 50 % – bringt das Werkzeugumschleifen von Durchmesser D25 auf D20 im Vergleich zum Neuschleifen eines D20-Werkzeugs.“ Obwohl der Umschleifprozess selbst etwas teurer ist als das Neuschleifen, macht sich die Preisdifferenz des Ausgangsmaterials – Rohlinge versus Schrott – um ein Vielfaches stärker bemerkbar.
Und es ist wahrscheinlich, dass sich diese Preisdifferenz künftig noch vergrößern wird – denn die weltweiten Wolfram-Reserven sind begrenzt. China, der mit großem Abstand bedeutendste Produzent der Welt, wird seine Vorkommen in den kommenden Jahrzehnten aller Voraussicht nach erschöpfen. Und ReTool zielt mit seinen Maßnahmen durchaus auf ein relevantes Einsatzgebiet von Wolfram, erklärt Liu: „Im Jahr 2015 wurde mehr als die Hälfte des weltweit geförderten Wolframs – etwa 40 000 von 73 000 Tonnen – zur Herstellung von Hartmetall gebraucht; davon wiederum wird der größte Anteil in der Zerspanung eingesetzt.“
Wie geht es nun weiter?
Das Projekt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und von elf Unternehmen als Anwendungspartner begleitet wurde, ist mit diesem positiven Ergebnis zunächst abgeschlossen. Das IFW hat allerdings großes Interesse daran, das Thema weiter zu erforschen – etwa über Qualitäts- und Standzeitenvergleiche von Hartmetallwerkzeugen mit unterschiedlicher Entstehungsgeschichte und gerne auch wieder mit Partnern aus der Industrie zusammen.
Institutsleiter Professor Berend Denkena ist davon überzeugt, dass ReTool in die richtige Richtung weist: „Uns muss bewusst sein, dass wir mit Energie und Rohstoffen in Zukunft noch viel sorgfältiger werden umgehen müssen. Verfahren, die wie ReTool auf Regeneration setzen, sind dafür unverzichtbar.“
Mechtild Freiin v. Münchhausen ist Pressesprecherin der Leibniz Universität Hannover.