Russland-Sanktionen: Optionen für Unternehmen

 Russland-Sanktionen: Optionen für Unternehmen
Die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland stellen deutsche Unternehmen weiterhin vor rechtliche Risiken. Auch haben die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland in den vergangenen Jahren unter den Sanktionen gelitten – das Geschäft ist komplizierter geworden.

„Nach Berechnungen der Russischen Zentralbank sind die Sanktionen der EU und der USA gegen Russland zumindest zum Teil verantwortlich für den Rückgang des russischen BIP“, erläutert Dr. Andreas Knaul, Leiter des Russlandgeschäfts der Rechtsberatung Rödl & Partner. „Die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft sind insgesamt jedoch überschaubar. Unternehmen haben eine Reihe von Möglichkeiten, auf die Sanktionen zu reagieren und unter bestimmten Voraussetzungen sogar zu günstigen Konditionen in Russland selbst zu investieren.“

Der Umfang der Sanktionen
Seit August 2014 gelten seitens der EU verschärfte Sanktionen gegen Russland. Im Sommer 2016 wurden diese Sanktionen durch den Europäischen Rat zunächst bis in die erste Jahreshälfte 2017 verlängert. In erster Linie betreffen die Beschränkungen Lieferverbote für Rüstungsgüter wie Waffen und Munition.
Auch sind so genannte Dual-Use-Güter betroffen, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können: Sie dürfen nicht mehr geliefert werden, wenn sie im Zusammenhang mit einer militärischen Verwendung oder einem militärischen Empfänger stehen. Darüber hinaus gelten personenbezogene Sanktionen gegen eine Reihe russischer Staatsbürger sowie Unternehmen, unter anderem in Form von Reisebeschränkungen, das Einfrieren von Vermögenswerten und sogenannte Bereitstellungsverbote.
Wer ist besonders betroffen?
„Alle Unternehmen, die nach Russland exportieren, müssen ihre Lieferungen nach wie vor genau prüfen“, so Andreas Knaul. „Vor allem sind jedoch Maschinenbauer, Werkzeughersteller und die Chemische Industrie betroffen. Im Falle einer Nichtbeachtung drohen empfindliche Bußgelder und strafrechtliche Konsequenzen, die existenzielle Auswirkungen haben können. Viele Unternehmen haben daher in den vergangenen Jahren bereits umfassende Compliance-Kontrollsysteme eingeführt und in Zweifelsfällen rechtliche Beratung in Anspruch genommen.“
Welche Möglichkeiten bestehen noch für den Export?
Insgesamt hat die deutsche Industrie relativ pragmatisch auf die Sanktionen reagiert, indem sie etwa auf neue Märkte ausgewichen ist. Viele Unternehmen importieren EU-Produkte zudem inzwischen über Weißrussland, da die Einführung über andere Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion unter bestimmten Umständen nach wie vor legal ist.
Doch dieses Vorgehen ist mit rechtlichen Risiken verbunden und will sorgfältig geprüft werden: „Die Umgehung der Sanktionen über einen Reexport von nach Weißrussland gelieferten und von Russland sanktionierten Lebensmitteln kann vom russischen Zoll als Verstoß gegen das Sanktionsregime gewertet werden. In diesem Fall droht eine Beschlagnahme und Vernichtung der Waren durch den russischen Zoll.“ Allerdings sind Altverträge, die vor dem Inkrafttreten der Sanktionen geschlossen wurden, in der Regel nicht vom Sanktionsregime betroffen. Änderungsverträge werden davon ebenfalls nicht erfasst.
In Einzelfällen kann es sich für Unternehmen aktuell zudem lohnen, über die Gründung einer Tochtergesellschaft oder die Eröffnung einer Produktionsstätte in Russland nachzudenken: Russland fördert bestimmte Investitionen ausländischer Unternehmen durch sogenannte „Special Investment Contracts“. Über diese Konstruktion sollen trotz der Sanktionen ausländische Unternehmen ins Land geholt werden. Investoren, die Niederlassungen oder Produktionslinien in Russland eröffnen und sich zur Schaffung oder Erhaltung einer festen Anzahl an Jobs sowie bestimmten Steuerzahlungen verpflichten, können mit Vergünstigungen rechnen – einschließlich der Senkung des regionalen Gewinnsteuersatzes auf null Prozent.
Besser mit Beratung
Rechtsberatungen wie Rödl & Partner können wertvolle Dienste im Kontext der Sanktionen gegen Russland leisten – etwa bei der grenzüberschreitenden Vertragsgestaltung, bei handels- und zollrechtlichen Fragen zum Im- und Export sowie zu gesellschaftsrechtlichen Lösungen für den Einstieg ins Russlandgeschäft.
Vor allem sollten sich interessierte Unternehmen um die Erstellung von Compliance-Richtlinien bemühen, um die Einhaltung der amerikanischen, europäischen und russischen Sanktionsregime sicherzustellen – denn es drohen empfindliche Bußgelder.
Dr. Andreas Knaul ist Rechtsanwalt und bei Rödl & Partner in Moskau als Managing Partner Russland und Kasachstan tätig.