Deutsche Zulieferer erwarten auch 2017 zähes Geschäft

 Deutsche Zulieferer erwarten auch 2017 zähes Geschäft
Die Schiffbau- und Offshore-Zulieferer in Deutschland haben weiterhin mit einer schwachen Nachfrage aus dem Ausland und wachsendem internationalem Wettbewerbsdruck zu kämpfen. Neue Märkte zu erschließen sowie Chancen bei Produktinnovationen, Digitalisierung und Vernetzung wahrzunehmen, zahlt sich laut VDMA für die Unternehmen aber langfristig aus.

„Unsere High-Tech-Branche mit ihren über 65 000 Beschäftigten hat die Talsohle der Auftragseingänge noch nicht erreicht, ein Silberstreif am Horizont ist aber zu erkennen. Das liegt zum einen an der Flexibilität der Schiffbau- und Offshore-Zulieferer, zum anderen an den sich jetzt abzeichnenden guten Konjunkturdaten aus dem deutschen Maschinen- und Anlagenbau“, erklärt Dr. Alexander Nürnberg, Vorstandsvorsitzender Marine Equipment and Systems im Verein Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). „Insgesamt hat der Maschinenbau seine Prognose für die reale Maschinenproduktion 2017 auf plus 3 % erhöht – davon ist der maritime Bereich im Mittel allerdings weit entfernt. Zwar ist der Umsatz im vergangenen Jahr nur leicht auf 11,1 Mrd. Euro gesunken, dem steht aber ein signifikanter Rückgang im Auftragseingang von 14 % gegenüber. Auch für 2017 können wir für die gesamte Branche keine deutliche Besserung erkennen“, sagt Nürnberg.

Einzelne maritime Märkte und Segmente blicken laut VDMA jedoch durchaus positiv voraus: Im Bereich der Fährschiffe bestehe kurz- und mittelfristig große Nachfrage, ebenso bei Systemen und Komponenten aus der Elektrotechnik, die im Rahmen der fortschreitenden Automatisierung enorme Bedeutung für einen reibungslosen, effizienten Betrieb von Schiffen und Anlagen haben. „Mittelfristig werden sich hoffentlich die erfreulichen Konjunkturentwicklungen des Maschinenbaus auch auf den gesamten maritimen Bereich positiv auswirken“, so Nürnberg.
Markt konsolidiert sich weiter
Unterdessen konsolidiert sich der Schifffahrtsmarkt weiter, neue Geschäftsmodelle verändern die Angebotssituation und bisher etablierte Modelle verlieren an Bedeutung: „Die wachsenden digitalen Möglichkeiten gilt es, intelligent im Zusammenspiel zwischen Betreibern, Werften, Zulieferern und darüber hinaus zu nutzen“, meint Martin Johannsmann, Vorstand im VDMA Marine Equipment and Systems. Branchenübergreifend voneinander lernen sei dabei die Devise der Komponenten- und Systemanbieter, deren Lösungen nicht nur im Schiffbau, sondern auch im angrenzenden maritimen Umfeld wie Logistik, Hafentechnik und Energie gefragt seien.
Digitale Lösungen in der Anwendung
Die Umsetzung und gewinnbringende Anwendung der vernetzten Produktion und Services im Sinne von Industrie 4.0 stellt viele Schiffbauzulieferer vor beachtliche Hürden; in der maritimen Wirtschaft als Ganzes geht dieser Prozess indes schnell und kontinuierlich voran: „Wir liefern heute aus den Daten der verschiedensten Sensoren an Bord wichtige Informationen für die gesamte Schifffahrt“, erläutert Martin Johannsmann ein neues Geschäftsmodell aus seinem betrieblichen Umfeld. „In Finnland ist bereits die autonome Entladung von Frachtschiffen aus dem Forschungsstadium heraus und die Erprobung eines Prototypen hat begonnen, dank integrierter Systeme unserer Unternehmensgruppe“, ergänzt Alexander Nürnberg.
Darüber hinaus liefern Hafenkräne deutscher Hersteller weltweit Informationen nicht nur zum Betriebszustand und zur Leistungsoptimierung, sondern auch zum Zustand der Ladung – und kooperieren dabei mit vor- und nachgelagerten Logistiksystemen. „Wer hier nicht dabei ist, wird zu den Verlierern der Digitalisierung gehören“, warnt Johannsmann. Auch in der Produktion maritimer Technologien würden Wettbewerbsvorteile durch intelligente Automatisierungslösungen, neue Sensorik, Datenauswertungsalgorithmen und Schnittstellendefinitionen (OPC UA) realisiert, die es zu integrieren gelte.
Die maritime Energiewende
Die digitalen Lösungen tragen auch dazu bei, die wirtschaftlichen und ökologischen Ziele im Schiffsverkehr zu erreichen. Dabei geht es zum einen um die Nutzung emissionsarmer, elektrisch-hybrider Antriebssysteme, wie sie auf Fähren bereits im Einsatz sind. Zum anderen lassen sich die gesetzten Klimaziele im Überseeverkehr durch die intelligente Nutzung alternativer Kraftstoffe erreichen, die fossile Brennstoffe auf Schiffen sukzessive ersetzen könnten. Den sogenannten „e-Fuels“ wird dabei eine besonders wichtige Rolle zufallen – Hersteller von Großmotoren und auch der VDMA fordern deshalb den Einstieg in eine maritime Energiewende. Dabei sei es wichtig, über den reinen Verbrennungsmotor hinaus zu denken und das Gesamtantriebssystem zu betrachten, so der Verband.
Digitaler Service
Fast alle Flottenbetreiber / Reeder (93 %) sehen laut einer Umfrage des Fraunhofer CML für die kommenden Jahre eine breitflächige Digitalisierung ihrer Instandhaltungsprozesse voraus und erwarten Lösungsvorschläge der Industrie. In einer ersten VDMA-Studie wurde festgestellt, dass gerade im After-Sales-Geschäft erfolgreiche Unternehmen den Schwerpunkt auf Maßnahmen aus dem Themenfeld Industrie 4.0 legten, etwa Remote Services und Condition Based-Maintenance sowie die Steuerung der Services über Management-Informationssysteme. „Die derzeit laufende, von uns in Auftrag gegebene zweite Studie beschäftigt sich mit dem Digitalen Service. Hier erwarten wir konkrete Anregungen für unsere Branche“, so Dr. Jörg Mutschler, Geschäftsführer im VDMA.
Verena Röschmann ist bei der Arbeitsgemeinschaft Marine Equipment and Systems im Verein Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) im Bereich der Pressearbeit tätig.