Auf dem Weg zur digitalen Industrieplattform für Robotik

 Auf dem Weg zur digitalen Industrieplattform für Robotik
Open-Source-Software ist in der Wissenschaft bereits etabliert und bietet auch für industrielle Anwendungen Mehrwerte; die weltweite Initiative ROS-Industrial setzt sich deshalb für die Verbreitung von ROS, dem Robot Operating System, ein. Um ihre führende Rolle in den Produktionstechnologien zu konsolidieren, wurde von der Europäischen Union nun das Projekt ROSIN gestartet.

Drei Hauptaktivitäten stehen dabei im Fokus: die Gewährleistung industriereifer Softwarequalität, die Bereitstellung von 50 % des Projektbudgets für Nutzer und Entwickler businessrelevanter Anwendungen sowie Weiterbildungsangebote für Studierende und Industriepartner.

Am Projekt beteiligt sind bisher neben dem Fraunhofer IPA die Technische Universität Delft (der auch die Projektkoordination obliegt) sowie die IT University Kopenhagen, die Fachhochschule Aachen, Fundacion Tecnalia Research and Innovation und der Automatisierungstechnikkonzern ABB. Eine Bewerbung für die Teilnahme am Projekt steht interessierten Personen oder Firmen offen (siehe dazu den Link am Ende dieses Artikels).
ROS dank verbesserter Softwarequalität in die Produktion bringen
ROSIN soll die Verfügbarkeit von hochqualitativen intelligenten Softwarekomponenten für die Robotik stark verbessern. Dieses Ziel möchte das Projekt erreichen, indem es auf das bestehende Robot Operating System ROS aufbaut und die weltweite Entwickler-Community einbindet. Die Initiative ROS-Industrial setzt sich dafür ein, die Verwertbarkeit von ROS für die Fabrikautomation zu optimieren. Das Fraunhofer IPA sowie die TU Delft leiten bereits den europäischen Ableger der Initiative und beraten aus wissenschaftlich-technischer Sicht. Beide Organisationen sind zugleich Partner in ROSIN, so dass das Projekt von dem bestehenden Netzwerk und der Zusammenarbeit mit Industriepartnern profitiert.
Es existieren zwei Hauptaspekte in Bezug auf die Tauglichkeit von Open-Source-Software (OSS) für die Produktionstechnik. Zum einen muss die Softwarequalität industrielle Anforderungen erfüllen: Um dies zu sichern, entwickelt die IT University Kopenhagen neue Möglichkeiten, um Code automatisch zu testen. Dies wird ergänzt durch zahlreiche Maßnahmen zur Qualitätssicherung, welche auch neue kontinuierliche Integrationstests (sog. Model-in-the-Loop-Verfahren) mit ABB-Robotern umfassen.
Zum anderen möchte ROSIN das Interesse an OSS vonseiten der Industrie weiter erhöhen und Investitionsmöglichkeiten eröffnen. Zwar gibt es bereits Beispiele für industrielle Anwendungen mit ROS; zugleich sind Anwendungen aber eng mit der Frage der Codequalität verknüpft. Beides kann sich gegenseitig blockieren: Verbesserungen der Softwarequalität erfordern Investitionen vonseiten der Industrie – die aber wiederum erst investieren will, wenn die Qualität einen angemessen hohen Level erreicht hat. ROSIN wird diese Abhängigkeiten auflösen.
Gezielte finanzielle Förderung
Parallel zu den Qualitätsverbesserungen entstehen neue ROS-Komponenten, während bestehende weiter optimiert werden. Hierfür stehen 50 % des Projektbudgets für die Zusammenarbeit mit europäischen Nutzern und Entwicklern im Rahmen sogenannter „Focused Technical Projects“ (FTPs) bereit. Zugleich soll so eine weitere Hürde genommen und das Budget optimal genutzt werden: Erfahrungen zeigen, dass die Industrie ROS-Entwicklungen erst dann fördert, wenn diese erfolgreich umgesetzt wurden. Deshalb stellt ROSIN in den FTPs eine Vorfinanzierung von bis zu 30 % der Gesamtkosten bereit, um den ersten Meilenstein zu erreichen. Bedingung hierfür ist, dass die Entwickler die weitere Finanzierung sicherstellen.
Weiterbildungsangebote und Vermarktung
Breite Weiterbildungsangebote, verantwortet von der FH Aachen, sowie Maßnahmen zur Stärkung der Community vonseiten des Fraunhofer IPA sollen aus ROS-Industrial ein bekanntes und leicht nutzbares Werkzeug für die Fabrikautomatisierung machen. Um die Vermarktung zu erleichtern, wird das Forschungsunternehmen Tecnalia die Erstellung einer kommerziellen Release-Vorlage koordinieren, deren Richtlinien technische und nichttechnische Aspekte (etwa Lizenzfragen) berücksichtigen. Die steigende Zahl an Studierenden und professionellen Anwendern, die mit ROS vertraut sind, soll zusammen mit den Vermarktungsaktivitäten zu einer breit genutzten, hochqualitativen Open-Source-Softwareplattform führen.
Dr. Karin Röhricht ist für das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig.