Outplacement für alle: Mitarbeiterwechsel als Chance

 Outplacement für alle: Mitarbeiterwechsel als Chance
Unternehmen geben sehr viel Geld fürs Recruiting aus: Sie investieren in ihre Mitarbeiter dann, wenn es darum geht, sie zu gewinnen, zu binden und sie technisch und persönlich für ihren Einsatzbereich im Unternehmen fit zu machen. Kommt es aber dagegen zur Trennung, wird meist nichts mehr investiert. Das ist in Zeiten von Social Media allerdings etwas zu kurz gedacht.

„Die Haltung, dass die soziale Verantwortung des Arbeitgebers nicht mit der Kündigung endet, liegt noch selten vor“, sagt Christina Kock. Die Kölner Karriereberaterin und Expertin für Outplacement weiß aus eigener Erfahrung, dass es oftmals besser wäre, die Mitarbeiter trotz Trennung bei einem schnellen beruflichen Wiedereinstieg zu unterstützen.

„Tun sie das nicht, sehen die Unternehmen die Ergebnisse ihres Handelns dann häufig auf Bewertungsplattformen für Arbeitgeber wie Kununu oder in sozialen Netzwerken. Hier machen sich die Mitarbeiter Luft und sagen, was sie vermeintlich schon immer sagen wollten – mit all den negativen Emotionen, die eine Trennung samt deren Vorgeschichte in Jahren der Zusammenarbeit hervorgebracht hat“, so Kock, die vor allem Führungskräfte beim Jobwechsel und einer beruflichen Neupositionierung begleitet. „Gibt es mehrere solcher Einträge und Beschwerden, werden nicht selten auf diese Weise die kompletten Investitionen in das Employer Branding konterkariert. Der Arbeitgeber steht schlecht da – als Marke, als Unternehmen, mit seiner Führung.“
Für „Oben“ und „Unten“ wird gesorgt
Mit den Mitarbeitern der Chefetagen gehe man häufig anders um. Da trenne man sich zwar auch, aber hier seien die Arbeitgeber viel häufiger bereit, eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, betont Kock. Bei Führungskräften gehöre in der Regel neben einer Abfindung und einer bezahlten Freistellungsphase auch häufig die Finanzierung eines sogenannten Outplacement-Beraters zum Paket.
Diese hochwertige Beratung umfasst in der Regel die professionelle Reflexion der bisherigen beruflichen Biografie, die Erstellung perfekter Bewerbungsunterlagen, wertvolle Hinweise zum aktuellen Arbeitsmarkt bis hin zur perfekten Selbstvermarktung im offenen und verdeckten Arbeitsmarkt sowie die entsprechende Inszenierung des Bewerbers. „Führungskräfte fallen hier recht weich. Zwar fällt auch hier eine Trennung oft schwer, aber rein materiell und organisatorisch besteht meist kein existenzieller Mangel“, so die Karriereexpertin.
Für die Mitarbeiter der unteren Lohngruppen gibt es so etwas nicht. Sie werden entweder entlassen oder landen – zumindest bei Konzernen – in sogenannten Auffanggesellschaften, einer Art firmeninterner Arbeitsagentur. Christina Kock: „Hier gibt es zumindest eine Unterstützung und einen Ansprechpartner.“
Kaum Betreuung für qualifizierte Fachkräfte
Wenig bis gar keine Unterstützung gibt es jedoch im Mittelbau. „Wer nicht zum Top-Management gehört, aber für eine Auffanggesellschaft entweder überqualifiziert oder in seinen Kompetenzen zu spezifisch ist, bleibt oft auf der Strecke.“ Gerade für diese Gruppe ist aber ein professionelles Trennungsmanagement sinnvoll und notwendig.
„Diese Menschen haben oft besondere Verdienste und können stolz auf ihre bisherigen Leistungen zurückblicken. Deren Abfindungen erreichen aber dennoch nur selten sechsstellige Dimensionen. Ein professioneller Berater wird in dieser Hierarchieebene nicht bezahlt und je nach Lebensalter und Berufsjahren fällt gerade hier eine berufliche Umorientierung oft schwer“, macht Kock klar und sieht ein großes Manko.
Denn diese Gruppe hat entsprechenden Einfluss, ist gut vernetzt und mit ihrer Erfahrungstiefe besonders wertvoll für den Arbeitsmarkt. „Besonders in Unternehmen ohne Mitbestimmung – also in der Regel kleinere Unternehmen – fehlt dann auch der Betriebsrat, der sich für diese Mitarbeiter einsetzt.“
Es braucht neue Ansätze
Eine für beide Seiten optimale Hilfe könnte hier über moderne Beratungsinstrumente gewährleistet werden, die sich gerade an den Mittelbau, also an die zweite, dritte und vierte Managementebene richten. Die Digitalisierung hat auch dieses Segment erreicht und anstelle von aufwendigen und teuren Face-to-face-live-Beratungen stehen mittlerweile auch andere Möglichkeiten wie Online-Beratung, Telefonberatung über Skype oder E-Learning-Instrumente zur Verfügung. Leider seien diese Alternativen bisher sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei den Unternehmen wenig bekannt.
Um hier Abhilfe zu schaffen, hat Christina Kock das „Job Finder System“ entwickelt; damit soll Outplacement-Beratung erschwinglich und so die berufliche Neupositionierung „demokratisiert“ werden. „Ich möchte, dass auch die Mitarbeiter des Mittelbaus von professioneller Expertise profitieren können und Outplacement von seinem elitären Sockel holen“, beschreibt sie die Motive, die sie zur Entwicklung des Systems veranlasst haben.
Als E-Learning-Angebot konzipiert, vermittelt ein 12-teiliger Kurs alle wesentlichen Inhalte einer professionellen Beratung. Angereicht mit Checklisten, Arbeitshilfen, Mustern, Beispielen und nützlichen Formularen bietet das „Job Finder System“ in vier Modulen mit je drei Kapiteln alles, was ein professioneller Outplacement-Berater ebenfalls zu bieten hätte. „Die zukünftigen Bewerber können ihre eigene Erfolgsbilanz entwickeln und in praxiserprobte Bewerbungsunterlagen übertragen. Sie lernen alles über den Bewerbungsprozess, den Arbeitsmarkt und die perfekte Selbstinszenierung – vom Profilfoto bis zum Bewerbungsgespräch.“
Damit steigen die Chancen für einen reibungslosen Stellenwechsel deutlich. Und wenn der „alte“ Arbeitgeber die Tätigkeiten seiner Mitarbeiter auf diese Art honoriert, dann sinkt auch die Gefahr negativer Bewertungen auf Kununu, Xing und Co., welche die eigenen Recruitingkosten letztlich in die Höhe schrauben – nämlich dann, wenn neue Mitarbeiter länger gesucht oder mit höheren Gehältern gelockt werden müssen.
Christina Kock ist Karriere- und Outplacement-Beraterin sowie Geschäftsführerin der Dom Consulting in Köln.