Forschern gelingt erstmals Flatteranalyse in Echtzeit

 Forschern gelingt erstmals Flatteranalyse in Echtzeit

Für den Versuch wurde ein sehr elastisches Flügel-Modell aus Fiberglas gebaut, das sich stark durchbiegen lässt. Auf dieses wurden zahlreiche Drucksensoren und sogenannte Dehnungsmessstreifen angebracht, die Verformungen erfassen. Bild: DLR

Der Flugzeughersteller Embraer, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Niederländische Luftfahrtzentrum (NLR) und die Deutsch-Niederländischen Windkanäle (DNW) haben erfolgreich eine neuartige Methode zur Prüfung der Sicherheit künftiger Flugzeuge getestet. Dazu analysierten sie erstmals in einem Windkanal-Experiment das Flatter-Verhalten eines Flügels in Echtzeit.

Flugzeuge sind Leichtbaukonstruktionen, die nicht starr, sondern elastisch sind. Künftige Flugzeuge werden noch leichter und flexibler sein. Dadurch spielt das Auftreten von Schwingungen eine zunehmende Rolle. Das komplexe Zusammenspiel von elastischen Schwingungen eines Flugzeuges hat Einfluss auf dessen Flugeigenschaften. Das bekannteste aeroelastische Phänomen ist das ‚Flattern‘, bei dem die Schwingungen einer Flugzeugstruktur so mit der umströmenden Luft in Wechselwirkung treten, dass sie sich immer weiter aufschaukeln können. Damit das nicht passiert, müssen Flatter-Analysen durchgeführt werden, um kritische Flugzustände zu vermeiden.

Der Windkanal-Versuch

Für den Versuch wurde ein sehr elastisches Flügel-Modell aus Fiberglas gebaut, das sich stark durchbiegen lässt. Auf dieses wurden zahlreiche Drucksensoren und sogenannte Dehnungsmessstreifen angebracht, die Verformungen erfassen. Der Flügel wurde dann bei Geschwindigkeiten von Mach 0,7 und 0,9 (etwa 850 bis 1100 Kilometer pro Stunde) umströmt, wobei der Anstellwinkel verändert wurde. Dabei beobachteten die Forscher die Schwingungen des Modells und analysierten deren Frequenzen und Dämpfungsmaße. Die dabei anfallenden großen Datenmengen konnten in der Vergangenheit erst mit zeitlicher Verzögerung ausgewertet werden.

Eine vom DLR entwickelte effiziente Programmierung erlaubte nun erstmals, in Echtzeit die Daten auszuwerten. Dadurch ließ sich bereits während des Versuchs genau erkennen, welche Sicherheitsabstände bis zum Flügelflattern und damit zu einer möglichen Zerstörung des Modells bestehen. „Es handelt sich um eine neue Methode, um Flugzeug-Flattern zu analysieren“, erklärt Dr. Yves Govers vom DLR-Institut für Aeroelastik. Damit können auch künftige Flugzeuge effizienter und zeitsparender getestet werden.

Arbeitsaufteilung

Das Projekt HMAE1 ist von dem brasilianischen Flugzeughersteller Embraer initiiert worden, um eigene Computer-Vorhersagen für das Flatter-Verhalten von Flügeln zu überprüfen und Flatter-Analysen künftig effizienter zu gestalten. Das DLR-Institut für Aerolastik in Göttingen und das NLR entwickelten gemeinsam einen Vorentwurf für ein Windkanalmodell, das zur Erfüllung der Anforderungen auf die Oberflächengeometrie des Flügels angepasst wurde. Der Feinentwurf des Glasfaser-Flügels und der Pylon-Flügel-Verbindung wurde vom NLR durchgeführt, das auch den Flügel baute und die im Modell integrierte Messtechnik erstellte.

Die DNW waren hauptsächlich für die Vorbereitung und Durchführung des Tests verantwortlich. Der eigentliche Windkanaltest wurde im Hochgeschwindigkeitskanal (HST, High-Speed Tunnel) der DNW in Amsterdam mit dem vom NLR konzipierten und konstruierten Windkanalmodell durchgeführt. Das DLR führte die Datenanalyse in Echtzeit durch. (ig)