Öffentliche Krankenhäuser sind sanierungsbedürftig
Der Wettbewerb unter den deutschen Krankenhäusern verschärft sich. Gerade Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft drohen in diesem Wettstreit abgehängt zu werden, denn viele der Häuser spüren derzeit die Folgen eines Modernisierungsstaus. Der Anlagenabnutzungsgrad ist eine Kennzahl für die Altersstruktur des Anlagevermögens. Dabei gilt: Je niedriger, desto jünger. Im Unterschied zu freigemeinnützigen Krankenhäusern haben die öffentlichen Krankenhäuser notwendige Investitionen in ihre Gebäude und Anlagen lange hinausgezögert, sodass die Häuser jetzt einen Anlagenabnutzungsgrad in Höhe von 59 Prozent aufweisen und die Krankenhäuser 13 Prozent Investitionsquote für die Modernisierung aufbringen.
Zum Vergleich: Bei freigemeinnützigen Häusern liegt der Abnutzungsgrad bei lediglich 54 Prozent, die Investitionsquote bei neun Prozent. Auch bei anderen Finanzkennzahlen zeigen die öffentlichen Krankenhäuser ähnlich wie im Vorjahr eine schlechtere Leistungsfähigkeit als viele Mitbewerber auf dem Markt. Das sind Ergebnisse einer Benchmark-Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, die die Kennzahlen von mehr als 100 deutschen Krankenhäusern bundesweit für das Jahr 2017 ausgewertet hat. Nach der Untersuchung verschiedener Faktoren wie Größe, Bundesland oder Versorgungsschwerpunkt wurden bei der Analyse nach Trägerschaften Gemeinsamkeiten und Unterschiede am deutlichsten.
„Es muss sich nun zeigen, ob die Modernisierungsmaßnahmen ausreichen, mit denen öffentliche Krankenhäuser nachziehen. Viele der Krankenhäuser haben eine veraltete Bausubstanz. Moderne Gebäude und eine zeitgemäße Ausstattung sind ein wichtiger Schritt im Kampf um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Die freigemeinnützigen Häuser haben diesen Investitionsbedarf früher erkannt und konnten notwendige Modernisierungen bereits abschließen“, kommentiert Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei PwC.
Ob die Modernisierungsmaßnahmen auch den gewünschten Wettbewerbsvorteil und den damit verbundenen Patientenstrom nach sich ziehen, bleibt aber noch offen, denn in vielen Bundesländern investieren aktuell zahlreiche Krankenhäuser. Die späte Modernisierung hat zur Folge, dass die Krankenhäuser in die Phase eines anhaltenden Baubooms geraten, sodass sie mit Kostensteigerungen und Bauverzögerungen rechnen müssen, die sich durch den Fachkräftemangel noch verschärfen. Da sich viele Anlagen derzeit noch im Bau befinden, müssen die öffentlichen Krankenhäuser auch die alten Gebäude parallel weiterbetreiben – dies spiegelt sich in einer hohen Instandhaltungsquote von 2,7 Prozent wider. Zudem muss darauf geachtet werden, dass die alten instandhaltungsaufwändigen Gebäude auch tatsächlich aufgegeben werden und nicht für andere Zwecke, zum Beispiel Lagerhaltung, weiterverwendet werden.
Hohe Ausgaben für Personal und Material in öffentlichen Häusern
Die Investitionsfähigkeit der Krankenhäuser hängt auch davon ab, wie sie wirtschaften. Denn die staatliche Investitionsfinanzierung deckt nicht mehr den tatsächlichen Bedarf der Häuser ab – einen Großteil der Mittel müssen die Krankenhäuser inzwischen selbst finanzieren. Die PwC-Analyse zeigt, dass öffentliche Krankenhäuser seit Jahren einen überdurchschnittlich hohen Anteil ihrer Gelder für Personal und Material aufbringen müssen, sodass nur noch wenig Mittel für andere Ausgaben wie Instandhaltung oder die Finanzierung von Investitionen bleiben.
Während die Material- und Personalaufwandsquote bei Häusern in privater Trägerschaft bei 83 Prozent des Umsatzes liegt, wenden öffentliche Krankenhäuser 91 Prozent ihrer Mittel auf (2016: 90 Prozent). Bei freigemeinnützigen Häusern liegt dieser Wert bei 86 Prozent. „In diesem Punkt zeigt sich, dass öffentliche Krankenhäuser angesichts des hohen Kostendrucks in der Branche ihre Prozesse noch weiter optimieren und insgesamt effizienter arbeiten müssen“, erläutert PwC-Experte Michael Burkhart.
Krankenhäuser verschenken Geld durch schlechtes Cash-Management
Da vergleichsweise wenig Mittel für nötige Modernisierungen übrigbleiben, sind Krankenhäuser in Deutschland auf Fremdkapital mit höheren Kapitalkosten angewiesen. Insbesondere öffentliche Krankenhäuser finanzierten im vergangenen Jahr 61 Prozent ihres Geschäfts mit Bank- oder Gesellschafterdarlehen, 2016 waren es noch 54 Prozent. Eine deutlich höhere Eigenkapitalquote weisen freigemeinnützige und private Krankenhäuser auf, sie sind nur zu jeweils 35 Prozent auf fremde Geldgeber angewiesen.
Damit haben sich die Krankenhäuser in freigemeinnütziger Trägerschaft allerdings zum Vorjahr um fünf Prozentpunkte verschlechtert. Beim Anstieg der Fremdkapitalquote darf man den Effekt der Rückstellungen für Rückforderungen durch Prüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) allerdings nicht außer Acht lassen. Die Prüfquote ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, weswegen die Krankenhäuser immer mehr zurückstellen müssen.
Noch großes Potenzial beim Liquiditätsmanagement
Trotz dieser Abhängigkeit von Fremdfinanzierung vernachlässigen viele Krankenhäuser nach wie vor ihr eigenes Liquiditätsmanagement. Das lässt sich etwa an den Days Sales Outstanding (DSO) ablesen, der Zahl an Tagen, die Krankenhäuser benötigen, um ihre Forderungen von den Krankenkassen zu erhalten. Öffentliche Krankenhäuser haben sich dafür im vergangenen Jahr 58 Tage Zeit gelassen und so – trotz einer Verbesserung um einen Tag zum Vorjahr – bares Geld verschenkt. Deutlich besser ist das Cash-Management bei den privaten (41 Tage) und freigemeinnützigen Krankenhäusern (42 Tage). Freigemeinnützige Krankenhäuser haben es geschafft, die Wartezeit um zwei Tage zu verkürzen.
Auch bei der Kennziffer Days Payables Outstanding (DPO), der Anzahl an Tagen vom Rechnungseingang bis zur Zahlung, lassen öffentliche Krankenhäuser 39 Tage verstreichen und verschenken so wie bereits in den Vorjahren Einsparmöglichkeiten durch Skonti (private Krankenhäuser: 18 Tage, freigemeinnützige Krankenhäuser: 27 Tage). „Die Krankenhäuser sollten die Analyse dieser Kennzahlen zur Managementaufgabe machen und strategisch analysieren, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden“, rät Michael Burkhart. Hier ist vor allem die Trade-Off-Entscheidung wichtig. Zögert ein Krankenhaus die Zahlung seiner Verbindlichkeiten heraus, wirkt sich dies natürlich positiv auf die Liquidität aus. Die Entscheidung bleibt also eine Einzelfallfrage, abhängig vom Liquiditätsbedarf und den individuellen Skonto-Konditionen der Lieferanten.
Eigenkapitalrendite 2017 im Negativbereich
Auch bei einer weiteren Kennziffer zeigt sich, dass öffentliche Krankenhäuser wie in den Vorjahresbefragungen weniger wirtschaftlich arbeiten als ihre Mitbewerber in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft: Im Jahr 2017 lag ihre Eigenkapitalrendite mit minus sechs Prozent im Negativbereich und verschlechterte sich damit gegenüber dem Vorjahreswert von minus ein Prozent. Ausreißer sind die privaten Krankenhäuser mit einer hohen Rendite von elf Prozent. Die freigemeinnützigen Krankenhäuser kamen immerhin auf sechs Prozent Eigenkapitalrendite. (ig)