Energiepolitischer Stillstand muss beendet werden

 Energiepolitischer Stillstand muss beendet werden

Aus Sicht der Branche muss die Bundesregierung jetzt aktiv werden, wenn sie das 65-Prozent-Ziel ernst nimmt. Bild: hd-finanzen

Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, 65 Prozent der deutschen Stromerzeugung bis zum Jahr 2030 aus erneuerbaren Energien zu decken. Aus Sicht der Offshore-Branche unternimmt man in Berlin zu wenig, um dieses Ziel auch tatsächlich zu erreichen. Konkrete Schritte seien bislang ausgeblieben. Dringend notwendig sei eine zügige Erhöhung der Ausbaupfade für alle Erneuerbaren, darunter, wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben, ein schneller Sonderbeitrag für Offshore-Windenergie und eine Anhebung des Offshore-Ausbaudeckels. Das 65-Prozent-Ziel müsse durch ein Mengengerüst für den Ausbau glaubwürdig unterlegt werden.

„Der energiepolitische Stillstand der letzten Monate muss beendet werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, nach der Sommerpause unverzüglich den Sonderbeitrag Offshore-Wind zu beschließen. Ansonsten können die selbstgesteckten Klimaziele nicht erreicht werden“, erklären die Branchenvertreter „Darin ist sich die Branche – auch mit den Übertragungsnetzbetreibern – einig.“

Die Offshore-Branche liefert

Aktuell läuft der Ausbau der Offshore-Windenergie bis 2020 nach Plan. Zum Ende des ersten Halbjahres 2018 speisen insgesamt 1.169 Anlagen mit einer Leistung von 5.387 MW in das Netz ein. Fünf Projekte mit einer Leistung von 1.944 MW befinden sich im Bau. Davon werden voraussichtlich Anlagen mit einer Leistung von bis zu 1.000 MW bis Ende des Jahres ans Netz gehen. Der Anteil von Offshore-Windenergie an der gesamten Stromerzeugung steigerte sich gegenüber dem Vorjahreshalbjahr von 2,7 auf 2,9 Prozent (9,4 Milliarden kWh – Zahlen des BDEW). Der Anteil aller erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung lag im ersten Halbjahr 2018 erstmals vor der Braun- und Steinkohle.

Aus Sicht der Branche muss die Bundesregierung jetzt aktiv werden, wenn sie das 65-Prozent-Ziel ernst nimmt. Dies stehe auch im Einklang mit den jüngsten Beschlüssen auf europäischer Ebene, wonach die erneuerbaren Energien einen Anteil von 32 Prozent am gesamten Energieverbrauch der EU bis 2030 erreichen sollen. Dafür müssten die Ausbauziele quer über alle erneuerbaren Technologien angehoben werden. Für die Windenergie auf See sei bis 2030 ein Ausbau von mindestens 20 GW erforderlich. Bis 2035 müssten mindestens 30 GW an Offshore-Leistung installiert werden. Das bestehende Ausbauziel von 15 GW bis 2030 werde den neuen Zielen der Bundesregierung nicht gerecht.

Zusätzliche Ausschreibungen

Auch müssten die im Koalitionsvertrag beschlossenen und ursprünglich vor dem Sommer geplanten Sonderausschreibungen für erneuerbare Energien umgesetzt werden. Im Fall der Offshore-Windenergie solle hier eine zügige Weichenstellung erfolgen, um zusätzliche Ausschreibungen in den Jahren 2019 und 2020 einzuführen. Darin sollten mindestens 1,5 GW Gesamtvolumen in Nord- und Ostsee enthalten sein. Diese sollten über die Nutzung freier Netzanschlusskapazitäten realisierbar sein.

Zudem ist den Branchenvertretern zufolge ein höheres Ausbauvolumen im Bereich der Offshore-Windindustrie für die Beschäftigungssicherung und Wertschöpfung am Standort Deutschland von großer Bedeutung. Hersteller, Zulieferer, Betreiber und Investoren brauchten eine klare industriepolitische Perspektive und Planungssicherheit. In der Branche arbeiteten mittlerweile mehr als 27.000 Beschäftigte deren Unternehmen schnellstmöglich Planungssicherheit benötigten. „Ansonsten werden weitere Investitionen und Arbeitsplätze in der Zukunftsbranche Wind gefährdet, wie eine aktuelle Branchenumfrage der IG Metall Küste zeigt“, so die Branchenvertreter. Ein nachhaltig stabiler Heimatmarkt ist die Voraus-setzung für die steigenden Exportaktivitäten der Offshore-Windindustrie.

Sektorenkopplung weiter voranbringen

Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien hängt der Erfolg der Energiewende in Deutschland wesentlich vom Netzausbau und Fortschritten bei der Sektorenkopplung ab. Die Bundesregierung sollte daher dem Ausbau der großen Übertragungsnetze Priorität einräumen und die vielen vorhandenen Vorschläge zur Netzoptimierung gesetzlich verankern. Aktuelle Studien der Deutschen Energieagentur dena und von AGORA Energiewende zeigen, dass durch Optimierungen im Netz ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energie effektiv möglich ist. Des Weiteren sollten schnellstmöglich regulatorische Hürden für die weitere Koppelung der Sektoren beseitigt werden. Dazu gehört auch die Möglichkeit, Strom aus Offshore-Windenergie direkt für die unterschiedlichen Power-to-X Anwendungen einsetzbar zu machen. (ig)