FiberForm mit Mehrkomponenten-Technik kombiniert
Mit dem FiberForm-Verfahren hat KraussMaffei eigenen Aussagen zufolge den thermoplastischen Leichtbau auf ein neues Leistungsniveau gebracht und erfolgreich in der Großserienfertigung etabliert. Zur Kunststoffmesse NPE in Orlando, USA (7. bis 11. Mai), präsentierte KraussMaffei erstmalig eine FiberForm-Anwendung in Verbindung mit einer Wendeplattentechnik für das Mehrkomponenten-Spritzgießen. Durch die Kombination aus Hart- und Weichkomponenten bei gleichzeitig hoher Festigkeit der Bauteile ergeben sich ganz neue Einsatzmöglichkeiten – nicht nur für den Fahrzeugbau.
Das von KraussMaffei entwickelte FiberForm-Verfahren kombiniert das Thermoformen von Organoblechen und das Spritzgießen in einem Prozess. Das Ergebnis sind besonders leichte und zugleich mit einem hohen Festigkeitsniveau versehene faserverstärkte Kunststoffbauteile, die vor allem im Fahrzeugbau eingesetzt werden „Unsere FiberForm Technologie ist die beste Lösung am Markt, wenn es um den thermoplastischen Leichtbau geht“, ist Paul Caprio, Präsident der Krauss-Maffei Corporation, überzeugt. Kunden schätzten die hohe Qualität, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Herstellung faserverstärkter Leichtbauteile in großen Stückzahlen und schnellen Zykluszeiten.
Dass sich das FiberForm-Verfahren auch mit dem Mehrkomponenten-Spritzgießen effizient verbinden lässt, demonstrierte KraussMaffei auf dem Messestand der NPE. Hier produzierte eine GXW 450-2000/1400 SpinForm mit Wendeplattentechnik eine Mittelarmlehne für den Fahrzeuginnenraum. Ein 1 mm dickes endlosfaserverstärktes Organoblech wurde zunächst mit Polypropylen (PP) umspritzt und anschließend direkt mit einem thermoplastischen Elastomer (TPE) überspritzt. „Durch diese Kombination lassen sich ganz neue optische und haptische Bauteileigenschaften von thermoplastischen Composites in einem Prozess realisieren“, erläutert Caprio. So verfüge die auf der NPE produzierte Mittelarmlehne dank der TPE-Komponente über eine besonders weiche und optisch ansprechende Oberfläche der Funktions- und Sichtteile, was den Komfort und die Optik im Fahrzeuginterieur erhöhe. Der Einsatz des Organoblechs wiederum führe zu einer höheren Steifigkeit und Festigkeit des Bauteils. Dadurch könnten die Versteifungsrippen und das Bauteil selbst dünnwandiger gestaltet werden, was eine Gewichtsreduzierung mit sich bringe.
Wendeplattentechnik SpinForm überzeugt
Hohe Stückzahlen sind eine der Stärken der FiberForm-Technologie. Daher hat sich KraussMaffei bei der Auswahl der passenden Mehrkomponenten-Technologie bewusst für die Wendeplattentechnik SpinForm entschieden, die im Vergleich zu anderen Technologien wie Drehtisch, Indexplatte oder Schiebetisch zahlreiche Vorteile bietet. So lassen sich durch den Einsatz von zwei Trennebenen doppelt so viele Kavitäten bei gleicher Schließkraft realisieren. Das erhöht die Wirtschaftlichkeit. Da zwischen dem vertikalen Holmpaar gedreht wird, bietet die SpinForm-Technologie viel Platz auch für große Werkzeuge und ist damit ideal für die Produktion von großflächigen oder mehreren Bauteilen. Darüber hinaus erlaubt die Technologie die Integration von Sonderverfahren wie das Prägen.
Intelligente Automationslösungen unterstützen kurze Zykluszeiten
Das Organoblech wird zunächst über ein einfaches Schubladensystem in die Produktionszelle übergeben. Für eine positionsgenaue Übergabe an das Werkzeug erfolgt eine optische Inspektion des Organoblechs. Damit wird gewährleistet, dass nur einwandfreie Halbzeuge an den Einlegeroboter, ein Industrieroboter IR 600 R3000 K/S, übergeben und diese vom Roboter immer gleich aufgenommen werden. Anschließend wird das Organoblech in der Infrarot-Heizstation beidseitig aufgeheizt und vertikal an das Werkzeugsystem übergeben. Die Infrarot-Heizstation befindet sich dabei direkt über der Werkzeug-Trennebene. Dadurch konnte laut KraussMaffei die Transferzeit des Organoblechs noch einmal reduziert und die Gesamtzykluszeit minimiert werden.
Im ersten Zyklusschritt werden auf der einen Seite der Wendeplatte mit der ersten Spritzgießeinheit die Grundkomponenten der Mittelarmlehne hergestellt (Ober- und Unterschale). Die Oberschale entsteht durch die Umspritzung des Organoblechs mit PP, wohingegen die Unterschale aus reinem PP urgeformt wird. Für den zweiten Zyklusschritt dreht sich die Wendeplatte und es erfolgt ein Überfluten der Bauteile mit TPE mit der zweiten Spritzgießeinheit. Während die Oberschale (Sicht- und Funktionsfläche) vollflächig mit TPE geflutet wird, wird die Unterschale punktuell geflutet. Anschließend erfolgt die Bauteilentnahme (Ober- und Unterschale) über den zweiten Industrieroboter, ein IR 600 R2030 F/K. Das Aufheizen der Organobleche und die Entnahme der Bauteile erfolgen parallel, die einzelnen Prozessschritte werden also zeitlich voneinander entkoppelt.
Lückenlose Rückverfolgung der Prozessdaten
Ein weiteres Highlight der GXW 450 FiberForm zur NPE war der DataXplorer, ein offenes in die MC6-Steuerung integriertes System von KraussMaffei, das kontinuierlich bis zu 500 Signale an der Maschine erfasst. Wie ein Flugschreiber gibt der DataXplorer damit Auskunft über alle wesentlichen Anlagen- und Prozessdaten. Anders als bei Euromap 63 und dem Ist-Wertprotokoll einer Maschine geschieht dies kontinuierlich, also im Kurvenverlauf, statt als diskreter Wert in einem bestimmten Moment. Aus den Verläufen lassen sich nach Aussage von KrausMaffei maßgeschneiderte Kennzahlen gewinnen, mit deren Hilfe tiefgreifende Prozessanalysen und Dokumentationen möglich sind. Das sei besonders bei sicherheitsrelevanten Bauteilen von Vorteil. (ig)