Insolvenz in Eigenverwaltung bewährt sich bei großen Unternehmen

 Insolvenz in Eigenverwaltung bewährt sich bei großen Unternehmen

Größeren Unternehmen gelingt es nach der Insolvenz besser als kleinen, das Verfahren in Eigenverwaltung für sich zu nutzen. Bild: Pro Solvent

Aus eigener Kraft wieder auf die Beine kommen – so lautet zunehmend das Motto für Unternehmen, die in die Insolvenz geraten sind. Denn sechs Jahre nach Einführung des „Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ (ESUG) hat sich die Eigenverwaltung als Standardverfahren besonders für größere insolvente Unternehmen etabliert. Dies zeigt die Studie „Sechs Jahre ESUG – Durchbruch erreicht“ der Strategieberatung The Boston Consulting Group (BCG).

„Vor allem große Unternehmen erkennen einen Vorteil darin, auch in Krisensituationen im Management am Ruder zu bleiben. Und sie sind damit erfolgreicher als viele kleine“, kommentiert Rüdiger Wolf, Partner bei BCG und Experte für Unternehmensrestrukturierung. Die BCG-Studie basiert auf einer Analyse von 1.513 Insolvenzverfahren seit der Einführung des ESUG im Jahr 2012.

Pleiten großer Firmen setzen der Wirtschaft zu

Heute werden von 100 Insolvenzen zwar immer noch nur etwa drei in Eigenverwaltung abgewickelt. Allerdings variiert die Größe der insolventen Unternehmen sehr stark. Die gesamtwirtschaftliche Relevanz einer Insolvenz hängt von der Größe eines Unternehmens ab. In der Regel setzen die Pleiten großer Firmen der Wirtschaft besonders stark zu. Doch gerade bei den größeren Unternehmensinsolvenzen setzt sich das Verfahren in Eigenverwaltung zunehmend durch. Im vorigen Jahr wurden bereits 64 Prozent der größten Insolvenzen in Eigenverwaltung umgesetzt. Das ist nach 58 Prozent im Jahr 2016 und 20 Prozent im Jahr 2015 der höchste Wert seit Inkrafttreten des ESUG im Jahr 2012.

Größeren Unternehmen gelingt es nach der Insolvenz besser als kleinen, das Verfahren in Eigenverwaltung für sich zu nutzen. „Gerade größere Unternehmen sind auf die Komplexität des Verfahrens häufig besser vorbereitet und verfügen über die nötige Liquidität für die erfolgreiche Umsetzung eines Verfahrens in Eigenverwaltung“, analysiert Rüdiger Wolf. Von den 50 größten selbstverwalteten Insolvenzen sind im vorigen Jahr fast 80 Prozent gelungen. Zum Vergleich: Von allen selbstverwalteten Insolvenzen sind lediglich 60 Prozent erfolgreich abgeschlossen worden.

Krisenmanagement spezialisiert sich weiter

Zudem holen sich Unternehmen im Falle der Insolvenz meistens Unterstützung von Spezialisten, um wieder zum normalen Geschäftsbetrieb zu finden. Bei den 50 größten Insolvenzen in Eigenverwaltung wurde in drei von vier Fällen ein Sanierungsexperte in die Geschäftsführung oder den Vorstand berufen, wie die BCG-Studie zeigt. „Wir sehen eine erhebliche Professionalisierung im Bereich der Eigenverwaltung. Unternehmen wollen zwar ihre Eigenständigkeit bewahren, erkennen aber immer häufiger den Mehrwert von Sanierungsspezialisten im Management“, berichtet Rüdiger Wolf.

Am Markt der Insolvenzverwalter bilden sich dabei zunehmend Spezialisten heraus: Etwa fünf Sozietäten haben im vorigen Jahr fast jedes dritte Verfahren in Eigenverwaltung betreut. „Wir gehen davon aus, dass auf Basis des ESUG künftig noch mehr insolventen Unternehmen ein Neustart gelingt“, ist Rüdiger Wolf überzeugt. „Die Zahlen zeigen, dass das Gesetz vor allem großen, gesamtwirtschaftlich besonders relevanten Unternehmen, die ins Straucheln geraten sind, zunehmend eine Perspektive eröffnet.“

Über die Studie

Die Boston Consulting Group (BCG) hat in dieser Studie alle eröffneten Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nach §270a bzw. § 270b InsO seit Inkrafttreten des ESUG betrachtet. In der mittlerweile sechsten Ausgabe dieser Studie wurden somit 1.513 Insolvenzverfahren im Zeitraum vom 1. März 2012 bis zum 31. Januar 2018 (71 Monate) berücksichtigt. Den aktuellen Report können Sie hier herunterladen. (ig)