Investitionen in aktuelle Technologien ermöglichen Umsatzplus

 Investitionen in aktuelle Technologien ermöglichen Umsatzplus

Digital Champions sind ihrer Konkurrenz einen Schritt voraus: Sie haben verschiedene Ökosysteme über Unternehmensgrenzen hinaus miteinander verknüpft und verfügen neben digitalen Operations-Prozessen auch über digitale Kundenlösungen. Bild: RCR

Industrie 4.0-Projekte haben bei Produktionsunternehmen Priorität, doch der Weg zur vollständigen digitalen Transformation ist in Deutschland noch weit. Das zeigt die zweite Auflage der weltweiten PwC Strategy& „Global Digital Operations Study 2018“, für die über 1.100 deutsche und internationale Entscheider aus dem produzierenden Gewerbe befragt wurden. Der Digitalisierungsgrad deutscher Unternehmen ist demnach ausbaufähig. Gemessen an der Implementierung neuer Technologien, der Reife digitaler Ökosysteme und der Digitalkultur erreicht lediglich ein Prozent den Status eines „Digital Operations Champion“, auf globaler Ebene sind es zehn Prozent und in der Region Asien-Pazifik (APAC) sogar 19 Prozent.

Von den Investitionen in Digitaltechnologien versprechen sich Manager weltweit vor allem höhere Einnahmen und Kosteneinsparungen. In den nächsten fünf Jahren sind allein auf dem deutschen Markt Umsatzzuwächse in Höhe von rund 276 Milliarden Euro (Plus 16,7 Prozent) sowie Effizienzsteigerungen von etwa 186 Milliarden Euro (Plus 13,4 Prozent) möglich. Während digitale beziehungsweise digital erweiterte Produkte und Services aktuell 16 Prozent des Umsatzes deutscher Unternehmen ausmachen, steigt dieser Anteil laut PwC bis 2023 auf durchschnittlich 22 Prozent an, bei digitalen Vorreitern im globalen Vergleich sogar auf über 50 Prozent.

„Digital Champions sind ihrer Konkurrenz einen Schritt voraus: Sie haben verschiedene Ökosysteme über Unternehmensgrenzen hinaus miteinander verknüpft und verfügen neben digitalen Operations-Prozessen auch über digitale Kundenlösungen“, erläutert Studienautor Dr. Reinhard Geissbauer, Partner bei Strategy& Deutschland. Mehr als zwei Drittel von ihnen hätten eine klare digitale Vision und Strategie, die sie konsequent verfolgten. Asien habe gegenüber Amerika und Europa einen klaren Vorteil und könne Digitalstrukturen neu aufbauen. Dadurch müssten Firmen aus dieser Region weniger in die Transformation von Altsystemen bei Produktionsanlagen, IT-Systemen oder der traditionellen Belegschaft investieren.

Digitalstrukturen neu aufbauen

Deutsche Firmen sind nach den Ergebnissen der PwC-Studie im internationalen Vergleich in einigen Bereichen erst am Anfang, was die Umsetzung neuer Technologien angeht. So haben erst 24 Prozent Robotik-Anwendungen implementiert. Integrierte End-to-End-Supply-Chain-Planung nutzt ein Drittel (37 Prozent) der deutschen Firmen, in Amerika und der Region APAC bereits jeweils über die Hälfte. Auf vorausschauende Wartungssysteme und das industrielle Internet der Dinge setzen 47 Prozent der Unternehmen. Künstliche Intelligenz ist bei sieben Prozent im Einsatz, während es in Amerika und in der Region APAC bereits zwölf beziehungsweise 15 Prozent sind. Allein bei der Implementierung von Fertigungsmanagementsystemen liegt Deutschland (56 Prozent) vor Amerika (45 Prozent) und der Region APAC (48 Prozent).

Für die Zukunft setzen viele deutsche Unternehmen (32 Prozent) auf vorausschauende Wartungssysteme und haben in diesem Bereich ein laufendes oder geplantes Projekt. Künstliche Intelligenz wird zwar aktuell eher zurückhaltend eingesetzt, könnte aber die operative Entscheidungsfindung revolutionieren und deren Qualität verbessern. 14 Prozent der Firmen haben daher KI-Projekte pilotiert oder geplant.

Rückverlagerung von Produktionsprozessen

Die Herausforderung bei der Einführung technologischer Innovationen liegt häufig bei den Mitarbeitern: 41 Prozent der deutschen Manager geben an, dass in ihrer Firma noch die Fähigkeiten fehlen, KI-Lösungen zu implementieren und zu managen. Daher glaubt auch die Hälfte (49 Prozent) der Befragten, dass der Bedarf an Fachkräften mit entsprechenden Kenntnissen in den kommenden fünf Jahren steigt – im globalen Vergleich sind es sogar 58 Prozent. Die Automatisierung könnte laut PwC außerdem dazu führen, dass reife Märkte eine Rückverlagerung von Produktionsprozessen erleben.

Von den deutschen Befragten geht die Mehrheit (67 Prozent) davon aus, dass zukünftig wieder mehr Produkte im eigenen Land produziert werden. Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands könnte also von stärkerer Automatisierung profitieren, wenn die Herstellungskosten konkurrenzfähig mit der Lohnarbitrage von Billiglohnländern werden und Firmen wieder Vorteile darin sehen, vor Ort oder in der Nähe ihrer Absatzmärkte zu produzieren. Dennoch muss Deutschland bei Technologieimplementierung, digitalen Ökosystemen und Digitalkultur aufholen.

„Das Silicon Valley ist in Sachen neue Geschäftsmodelle schon lange an Deutschland vorbeigezogen“ ist Dr. Peter Gassmann, Chef von Strategy& Europe, überzeugt. Bislang hätten deutsche Firmen viele digitale Geschäftsmodelle einfach aus den USA übernommen – für eine wettbewerbsfähige Zukunft müsse Deutschland aber am Aufbau einer eigenen Digitalkultur arbeiten. Deutschland habe eine gute Basis als Industriestandort, deshalb bleibe Industrie 4.0 eine große Chance. Deutschland müsse aber schnell einen Gang hochschalten und das Know-how als traditionsreicher Fertigungsstandort in die vernetzte Gegenwart übertragen und entsprechend umsetzen.

Methodik

Für die Studie wurden 1.155 Unternehmen aus 26 Ländern und sechs Branchen (Automotive, Konsumgüter, Elektronik, Industrieanlagen und -technik, industrielle Fertigung und Prozessindustrie) zwischen September und Dezember 2017 befragt. Die Umsatz- und Effizienzsteigerung durch Investitionen in digitale Technologien basieren auf den Umsatzzahlen und der Kostenbasis der sechs beteiligten Industrien laut IHS Markit für 2016 und 2017 und einer darauf basierenden Strategy&-Analyse zu den erwarteten ökonomischen Effekten bis 2023. (ig)