Energiewende muss auch Rohstoffverbrauch senken

 Energiewende muss auch Rohstoffverbrauch senken

Damit erneuerbare Energien auch wirklich sauberen Strom lieferten, muss auch die Rohstoffbeschaffung frei von Menschenrechtsverletzungen sein. Bild: Mission EineWelt

Kritik an der Energiewende kommt dieses Mal aus einer ungewöhnlichen Quelle. Anlässlich des Tags der erneuerbaren Energien am 28. April 2018 fordert Misereor die Bundesregierung auf, mit der Kommission für „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ einen präzisen Fahrplan für den Kohleausstieg und für einen rascheren Ausbau der erneuerbaren Energien zu erarbeiten und konsequent umzusetzen. Mit einer neuen Studie lenkt Misereor zugleich die Aufmerksamkeit auf den steigenden Bedarf an metallischen Rohstoffen für die Wind- und Solarenergie.

„Unternehmen und Politik müssen verhindern, dass beim Abbau von Rohstoffen in Lateinamerika, Afrika und Asien die Menschenrechte verletzt und die Umwelt zerstört wird“, fordert Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor. „Gleichzeitig sind wir alle dringend aufgefordert, unseren unverantwortlich hohen Verbrauch an Energie und Rostoffen zu senken.“

Während das Kohlekraftwerk Moorburg beispielsweise täglich schätzungsweise 10.000 Tonnen (unter problematischen Bedingungen geförderte) Import-Steinkohle verbrenne, werden Windkraft- und Photovoltaikanlagen durch regenerative Energien angetrieben. Für die Herstellung von Windkraft- und Photovoltaikanlagen werden jedoch hohe Mengen an Eisenerz aus Brasilien, Kupfer aus Peru und Chile, Silber aus Mexiko und Argentinien, Bauxit aus Guinea sowie seltene Erden aus China benötigt. Wie die aktuelle Misereor-Studie zeige, komme es auch beim Abbau dieser Rohstoffe häufig zu schweren Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden. „Durch die Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden werden Anwohnern die Lebensgrundlagen entzogen“, erklärt Spiegel. „Bei Entscheidungen über Bergbauprojekte werden Mitbestimmungsrechte indigener und bäuerlicher Gemeinschaften verletzt“. Umweltschützer und Menschenrechtsverteidiger würden oft kriminalisiert, verfolgt und manchmal ermordet.

Rohstoffbeschaffung ist Teil des sauberen Stroms

Im nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte hat die Bundesregierung deutsche Unternehmen aufgefordert, auch in ihren Lieferketten für die Achtung der Menschenrechte Sorge zu tragen. Misereor setzt sich seit Jahren dafür ein, dass die Bundesregierung und deutsche Unternehmen dies bei Steinkohleimporten umsetzen. „Unsere Studie zeigt, dass es auch bei den Herstellern der Windkraft- und Photovoltaikanlagen, deren Zuliefererbetrieben und den Stromanbietern noch größerer Anstrengungen bedarf“, fasst Pirmin Spiegel die Ergebnisse einer Befragung der Unternehmen im Rahmen der Studie zusammen. Damit erneuerbare Energien auch wirklich sauberen Strom lieferten, müsse auch die Rohstoffbeschaffung frei von Menschenrechtsverletzungen sein.

„Die notwendige Energiewende muss mehr umfassen als den Austausch der Energiequellen“, fordert Spiegel. Mit Energieeinsparung und Effizienz, einer fairen Beschaffung der Brennstoffe sowie der notwendigen Anlagen zur Energiegewinnung selbst könne die Energiewende einen echten Beitrag zu mehr globaler Gerechtigkeit und Klimaschutz leisten. In allen Sektoren, angefangen bei der Automobil- und Elektroindustrie, aber auch im Energiesektor müsse man sich von der Wachstumslogik verabschieden und den Rohstoffverbrauch drastisch senken, um auch für künftige Generationen ein gutes Leben zu ermöglichen. Neben Politik und Unternehmen seien auch die Gesellschaft und einzelne Menschen gefordert, bestehende Vorstellungen von Wohlstand, Konsum und einem guten Leben grundlegend zu überdenken. (ig)