Werkzeugmaschinenhersteller erreichen guten Jahresabschluss

 Werkzeugmaschinenhersteller erreichen guten Jahresabschluss

Die angesprungene Nachfrage nach deutschen Werkzeugmaschinen sorgte für einen Exportzuwachs von nahezu einem Fünftel. Bild: Breton

Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie stellt einen Produktionsrekord nach dem anderen auf. 2017 konnte die Branche vier Prozent zulegen und wird damit nach vorläufigen Ergebnissen ein Umsatzvolumen von rund 15,7 Milliarden Euro realisieren. Für 2018 erwartet der VDW ein weiteres Produktionsplus von fünf Prozent. 2017 war einmal mehr der Export Treiber der Entwicklung. 71 Prozent der deutschen Werkzeugmaschinen wurden im Ausland verkauft. Die Ausfuhren zogen umacht Prozent auf 10,1 Milliarden Euro an (ohne Reparaturen und Instandhaltung). Der Inlandsabsatz schrumpfte im gleichen Zeitraum um drei Prozent.

Ein Zugpferd für die deutschen Ausfuhren war Amerika – mit einem Fünftel Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Weit überproportional legten Brasilien und Mexiko zu. Erfreulich entwickelte sich auch der zweitwichtigste Werkzeugmaschinenmarkt USA, der sich mit ebenfalls einem Fünftel Zuwachs exakt auf Linie bewegt. „Ohne ausländische Maschinen, auch und gerade aus Deutschland, kann die US-amerikanische Industrie ihre Wettbewerbsfähigkeit im Weltmarkt nicht zurückgewinnen“, erklärt Dr. Heinz-Jürgen Prokop, Vorsitzender des VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken).

Die deutschen Ausfuhren nach Asien haben sich im vergangenen Jahr erholt. Das ist in erster Linie dem Leitmarkt China zu verdanken. Die angesprungene Nachfrage sorgte für einen Exportzuwachs von nahezu einem Fünftel. Im Geleitzug zieht die gesamte Region kräftig an. Das gute Umfeld wirkte sich sehr positiv auf die Beschäftigung aus. Sie lag im Dezember bei fast 72.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und damit 2,7 Prozent über Vorjahr. Damit wurde die Beschäftigung seit dem Tiefstand 2010 nach der Finanz- und Wirtschaftskrise um fast 20 Prozent aufgebaut.

Deutschland im Weltmarkt bestens positioniert

Deutschland gehört zu den Top-Anbietern von Werkzeugmaschinen in der Welt. Dies hat sich auch 2017 bestätigt. In der Produktion belegten die deutschen Hersteller nach Schätzungen Platz 2 der wichtigsten Produzenten, nach China und vor Japan. „Hier gilt jedoch Klasse statt Masse“, relativiert Prokop den zweiten Platz der deutschen Anbieter. China produziere vielfach Low Tech in großen Stückzahlen für den heimischen Markt und für Entwicklungsländer. Das belegt der Durchschnittspreis einer chinesischen NC-gesteuerten Maschine von 39.000 Euro im Vergleich zu 322.000 Euro für eine deutsche NC-Maschine.

Für 2018 sind die Aussichten nach Überzeugung der Verantwortlichen sehr gut. „Zum einen wächst die Weltwirtschaft kräftig, zum anderen soll der internationale Werkzeugmaschinenverbrauch um 3,6 Prozent zulegen“, kommentiert Prokop. Das sei vor allem Europa zu verdanken. Amerika lege ebenfalls kräftig zu, während sich die Dynamik in Asien aufgrund des hohen Zuwachses 2017 wieder etwas abschwäche.

Schließlich zogen im vergangenen Jahr die Bestellungen um 8 Prozent an. Die inländischen Aufträge stiegen um 10 Prozent, die ausländischen Orders notierten bei 7 Prozent Plus. Spannend ist jedoch die Betrachtung der einzelnen Monate. „Sanken die Aufträge im ersten Halbjahr insbesondere im Inland noch zweistellig, löste sich im zweiten Halbjahr der Knoten“, freut sich der VDW-Vorsitzender Prokop. Danach schnellten die Inlandsaufträge mit plus 41 Prozent im Oktober, plus 67 Prozent im November und zuletzt plus 37 Prozent im Dezember nach oben.

Alles in allem ist die Werkzeugmaschinennachfrage regional so breit aufgestellt wie selten. Davon können viele Unternehmen profitieren. Die anziehenden Aufträge gewährleisten eine Fortsetzung des deutschen Produktionswachstums. Mit 5 Prozent Plus wird sie erstmals die Marke von 16 Milliarden Euro knacken.

Fachkräftemangel könnte künftige Branchenentwicklung torpedieren

Wachstum ist allerdings kein Selbstläufer. Florierende Konjunktur und gute Aussichten sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Branche vor vielen Herausforderungen steht. Um die prognostizierte Produktion realisieren zu können, müssen die Firmen alle Kapazitäten mobilisieren. Dem stehen vielfach Personalengpässe gegenüber. In bestimmten Berufen, beispielsweise beim Mechatroniker oder IT-Fachkräften, und vor allem in ländlichen Regionen ist der Fachkräftemarkt leergefegt. „Der rein zahlenmäßige Engpass an Fachkräften treibt nach unseren Beobachtungen die Automatisierung voran“, berichtet Prokop. Viele Werkzeugmaschinenanbieter dächte vermehrt in Richtung autonomer Maschine, die Bearbeitungsprozesse unabhängiger von der Verfügbarkeit eines Bedieners durchführt.

Tatsächlich geht es jedoch um die Qualifikation der Mitarbeiter. Die Branche muss den Wandel hin zu Digitalisierung und Vernetzung im Zusammenhang mit Industrie 4.0 bewältigen, neue Geschäftsmodelle entwickeln und die eigene Produktion umstellen. Zulieferer in die Automobilindustrie müssen Produktionssysteme für neue Antriebsstränge entwickeln. Unternehmen, die generative Fertigungsverfahren anbieten und einsetzen wollen, brauchen Konstrukteure neuen Typs, die den Vorteil der Verfahren auch in Produkte umsetzen können. Demnach sind nicht weniger, sondern mehr und anders qualifizierte Mitarbeiter gefragt. „Der Fachkräftemangel kombiniert mit weiterer Arbeitszeitverkürzung, könnte die positive Gesamtentwicklung der Branche endgültig torpedieren“, gibt Prokop zu bedenken. Für viele kleine und mittlere Unternehmen dürfte es unmöglich sein, Ausfälle durch Arbeitszeitverkürzung, zu kompensieren.

Elektromobilität bietet Chancen für die Werkzeugmaschinenindustrie

Damit sich der stetige Aufschwung der vergangenen Jahre fortschreiben lässt, muss die Werkzeugmaschinenindustrie am Ball bleiben, weiß man beim VDW. Insbesondere für die vielen mittelständischen Firmen, deren größter Kunde die Automobilisten und ihre Zulieferer seien und die sich mit ihrem Angebot voll auf sie eingestellt hätten, sei der Wandel zur Elektromobilität eine große Herausforderung. „Grund genug, mögliche Szenarien fundiert zu analysieren“, sagt Heinz-Jürgen Prokop.

Der VDMA will dazu in Kürze eine neue, sehr detaillierte Studie vorlegen, an der auch der VDW maßgeblich beteiligt ist. Das wichtigste Ergebnis für die Werkzeugmaschinenindustrie lautet: Bis 2030 wurde der Anteil rein elektrogetriebener Personenkraftfahrzeuge in Europa, USA und China mit etwa einem Fünftel der Neuzulassungen berechnet. Im Umkehrschluss werden 60 Prozent der Neuzulassungen mit steigender Tendenz Hybridfahrzeuge in unterschiedlichen Kombinationen sein, und der Rest mit abnehmender Tendenz optimierte Verbrennungsmotoren. Der damit ausgelöste Rückgang des Zerspanvolumens wird einerseits überkompensiert durch die weltweite Zunahme der Gesamtzulassungen von Pkw – angetrieben durch den steigenden Bedarf in China. Andererseits steigt die Komplexität optimierter Verbrennungstechnik kombiniert mit elektrischen Antriebskonzepten.

Dafür steigen die Anforderungen an hochpräzise Produktionstechnik. Beispiele hierfür sind die Reduzierung der Geräuschemissionen im Getriebebau¸ der höhere Verschleiß von Bauteilen, der beim Umschalten vom Elektro- auf den Verbrennungsmotor bei höheren Geschwindigkeiten entsteht; die stärkere Auslegung von Bremssystemen aufgrund des Batteriegewichts; die flächendeckende Ausrüstung mit Turboladern. Hinzu kommen Produktionssysteme für die Fertigung von Komponenten für elektrische Antriebe. Diese wenigen Beispiele zeigen laut VDW anschaulich, was Fertigungstechnik in diesem Segment künftig leisten muss. „Allein deshalb behält die Werkzeugmaschine auch künftig ihre hohe Bedeutung im Fertigungsprozess der Automobilindustrie bei, wenn der Wandel hin zu umweltfreundlicherer Mobilität gelingen soll“, resümiert Prokop. (ig)