Metallbeschichtung auf Basis nachwachsender Rohstoffe

 Metallbeschichtung auf Basis nachwachsender Rohstoffe

Die Verwendung von Stärke als Hauptkomponente für Farben und Lacke stellte das Fraunhofer-Team vor verschiedene Herausforderungen. Bild: Fraunhofer

Soll eine Fläche vor Korrosion geschützt werden, geschieht dies in 80 Prozent aller Fälle durch eine Beschichtung mit Farben oder Lacken. Dabei ist der Anteil biobasierter, umweltfreundlicher Lösungen derzeit noch verschwindend gering. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP haben sich in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA dieser Lücke angenommen und entwickeln eine kostengünstige Beschichtung auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Im Mittelpunkt der Forschung: Kartoffelstärke.

Klimawandel, endliche Ressourcen, zunehmende Umweltbelastung – in immer mehr Industrien verschiebt sich der Fokus hin zu einer nachhaltigen Produktion. So auch bei der Herstellung von Beschichtungsmitteln wie Farben und Lacken. Allein in Deutschland werden jährlich 100 000 Tonnen an Beschichtungsstoffen für den Korrosionsschutz produziert. Bisher waren Lacke und Farben mit biobasiertem Bindemittel oder Filmbildner jedoch meist zu teuer oder konnten den Anforderungen nicht standhalten. Durch den Einsatz modifizierter Stärke haben die Wissenschaftler des Fraunhofer IAP einen Weg gefunden, der auch in diesem Bereich nachhaltige und kostengünstige Lösungen erlaubt.

„Bisher sind klassische industrielle Anwendungsfel­der der Stärke die Papier-/Wellpappen- und Klebstoffindustrie“, weiß Christina Gabriel, Wissenschaftlerin am Fraunhofer IAP in Potsdam-Golm. „Im Bereich Farben und Lacke hingegen wurde Stärke bis jetzt meist nur als Additiv eingesetzt. Wir haben nun mit der Stärke als Hauptkomponente einer wasserbasierten Dispersion vielversprechende Haftungsergebnisse“. Im Fokus der Forschung stehe die Beschichtung von Metallen im Innenraum, beispielsweise von Aluminium, das etwa für Feuertüren, Computergehäuse oder Fensterrahmen genutzt wird.

Von der Kartoffelstärke zum Filmbildner

Die Verwendung von Stärke als Hauptkomponente für Farben und Lacke stellte das Fraunhofer-Team vor verschiedene Herausforderungen. „Filmbildner müssen verschiedene Aufgaben erfüllen“, erklärt Christina Gabriel. Sie müssten einen zusammenhängenden Film ausbilden, der eine gute Haftfestigkeit auf dem Untergrundmaterial besitze, kompatibel mit zusätzlichen Schichten und Additiven sei sowie Pigmente und Füllstoffe einbetten könne. „In ihrer natürlichen Form weist Stärke jedoch einige Eigenschaften auf, die der Verwendung als Filmbildner entgegenstehen“, so Gabriel weiter. „Beispielsweise ist sie weder kaltwasserlöslich, noch bildet sie zusammenhängende, nicht brüchige Filme aus“. Wir habe daher die Stärke modifizieren müssen, um sie den Anforderungen anzupassen. Denn bei allen Herausforderungen sei Stärke als nachwachsender und günstiger Rohstoff für viele Bereiche hochinteressant.

Die Lösung der Potsdamer Wissenschaftler: Die Stärke wird zunächst abgebaut, um so ihre Wasserlöslichkeit und den damit später verbundenen Feststoffgehalt der Stärke in Wasser sowie ihr Filmbildevermögen zu verbessern. Um jedoch ein stärkebasiertes Beschichtungsmaterial herzustellen, das mit einem herkömmlichen Lack vergleichbar ist, ist dies noch nicht ausreichend. Denn obwohl der Filmbildner zunächst in Wasser löslich oder dispergierbar sein soll, darf sich die Beschichtung später nicht mehr in Wasser auflösen.

Die Stärke muss also weiter modifiziert werden. Dies geschieht durch ein chemisches Verfahren, die sogenannte Veresterung. Die dabei entstehenden Stärkeester sind wasserdispergierbar, bilden geschlossene Filme und weisen eine sehr gute Haftfestigkeit auf Glas- und Aluminiumflächen auf. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IPA wird die veresterte Stärke dann »vernetzt«, wodurch die Sensitivität der Beschichtung gegenüber Wasser weiter reduziert wird.

Am Fraunhofer IPA werden auch die Stabilitätstests durchgeführt, in denen die Langzeitstabilität überprüft wird. In den Tests werden die beschichteten Materialien rasch schwankenden Temperaturzyklen ausgesetzt, um in zeitlich komprimierter Form den Wechsel von Tag und Nacht und den Lauf der Jahreszeiten zu simulieren. Außerdem werden die Testobjekte mit Elektrolyten angereichertem Wasser ausgesetzt, um zu sehen, wie sich die Beschichtung gegenüber Wasser verhält und wie resistent sie unter extremen Bedingungen ist.

Alternative zu erdölbasierten Filmbildnern

Im nächsten Schritt soll die Korrosionsbeständigkeit und Haftfestigkeit der modifizier­ten Stärke auf unterschiedlichen Metalluntergründen untersucht werden. Darüber hinaus werden neue Rezepturen getestet, die die Eigenschaften der Beschichtungen noch weiter optimieren sollen. „Neben dem bisher getesteten Aluminium sollen mit Stahl und verzinktem Stahl zwei weitere wichtige Gebrauchsmetalle getestet werden“, führt Gabriel aus. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass Stärkeester mit ihren guten Filmbildungs- und sehr guten Haftungseigenschaften auf verschiedenen Materialien durchaus das Potenzial besitzen, zukünftig eine Alternative zu erdölbasierten Filmbildnern in der Beschichtungsindustrie darzustellen“. (ig)