Auto, wir müssen reden
„Ich bin Casey, deine neue Beifahrerin. Kann’s losgehen?“ Sprachsteuerungen wie Alexa, Siri, Google, Cortana und Bixby haben schon den smarten Haushalt im Griff, steuern Licht und Staubsauger – jetzt bringt Bosch den Sprachassistenten hinters Steuer. Die neu entwickelte Technik hilft Autofahrern dabei, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.
„Wer in ein modernes Auto einsteigt, kann sich schon manchmal wie ein Pilot fühlen – Knöpfe, Screens und eine unübersichtliche Menüführung mit tausend Untermenüs“, beschreibt Dr. Dirk Hoheisel, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH. „Bosch beendet das Knöpfe-Chaos im Cockpit und macht den Sprachassistenten zum Beifahrer“. Der Assistent, der beim ersten Einsteigen auf den Namen „Casey“ höre, mache das Autofahren nicht nur komfortabler, sondern auch sicherer: 74 Prozent der deutschen Autofahrer seien laut einer Studie des Allianz Zentrums für Technik regelmäßig abgelenkt, wenn sie beispielsweise die Navigation bedienten, die Klimaanlage einstellten oder einen Anruf annähmen. Diese Ablenkung sei eine der häufigsten Unfallursachen.
Hört auf jedes Wort – auch offline
Bisherige Spracheingaben schaffen nach Überzeugung von Bosch nur wenig Abhilfe. Denn sie seien oft wie ein Auswahlmenü aufgebaut. Der Fahrer müsse die Struktur auswendig lernen und passende Befehle vom Display ablesen, das lenke im Endeffekt ebenso ab. „Sagen, was man will, wie man es will – Bosch bringt einen Sprachassistenten ins Auto, der Autofahrer versteht, wie ein Mensch“, ist Hoheisel überzeugt. Der Assistent reagiere nicht mehr auf starre Befehle. Casey verstehe natürliche Satzkonstruktionen und verarbeitet sogar Akzente und Dialekte.
Automatische Prüfung der Kontakte
Und das in mehr als 30 Ländern der Welt. Für das Sprachtalent ist Englisch somit nicht gleich Englisch; der Computer spricht mit britischem, amerikanischen, neuseeländischem oder australischem Dialekt. Mehr als ein Jahrzehnt hat man laut Bosch in der Entwicklung der Sprachsteuerung gearbeitet. Dadurch könne Casey etwas, an dem selbst bekannte andere Vertreter noch scheitern: Sie denke mit und lerne. Wolle der Fahrer zum Beispiel „Paul“ anrufen, überprüfe das System automatisch die Kontakte und berücksichtigte den aktuellen Ort, die Uhrzeit und Situation des Fahrers für seine Reaktion. Morgens auf dem Weg ins Büro sei mit „Paul“ wahrscheinlich der Kollege gemeint, während es abends der beste Freund sein könne. Um sicher zu gehen, fragt Casey nach: „Ich habe fünf Kontakte mit dem Namen Paul gefunden. Willst Du Paul Stevenson anrufen?”
Diese Kontextabhängigkeit ist nach Überzeugung von Bosch eine erste Stufe von Künstlicher Intelligenz. Eine weitere technische Raffinesse: Der Fahrer kann beispielsweise auch Zieladressen in Frankreich in französischer Sprache eingeben – und zwar ohne, dass von Hand etwas umgestellt werden muss. Ein Beispiel: „Navigiere nach Champ de Mars, Cinq Avenue Anatole Paris.“ Casey versteht das Ziel automatisch und startet die Navigation zum Eiffelturm. Außerdem: Der Bosch-Assistent kommt auch ganz ohne externe Datenverbindung aus. Die Rechenarbeit übernimmt das Infotainmentsystem im Auto, ohne Daten in die Cloud zu senden. Casey begleitet Autofahrer damit selbst im Tunnel, weit ab von gut ausgebauten Mobilfunkgebieten oder im Ausland, wenn das Smartphone offline ist.
Hört auf jeden Namen
Damit das Gespräch mit dem Auto noch persönlicher wird, kann der Fahrer seinen Assistenten nennen, wie er will. Vorbei ist die Zeit, in der eine Spracheingabe nur auf den Namen hört, den der Hersteller vorgibt. Egal ob „Casey“, „Linda“ oder „Michael“, das Bosch-Spracherkennungssystem versteht und spricht 30 verschiedene Sprachen mit insgesamt 44 weiblichen und 9 männlichen Sprecherstimmen. Mit „Hey Casey“ aktiviert der Fahrer seinen Assistenten, auf Wunsch vergibt er einen neuen Namen. Bei jedem neuen Dialog, spricht der Fahrer seinen Assistenten einfach direkt an. Kein Piepton gibt dem Fahrer mehr vor, wann er zu sprechen hat. (ig)