Digitalisierung und Automobilzulieferer – warum 75 Prozent scheitern

 Digitalisierung und Automobilzulieferer – warum 75 Prozent scheitern

Automobilzulieferer benötigten eine integrierte Strategie und eine durchdachte Roadmap, um das Potenzial der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Bild: Playbuzz

Bei Automobilzulieferern ist die Digitalisierung auf dem Vormarsch: 75 Prozent der Zulieferer haben in den vergangenen drei Jahren in Digitalisierungsinitiativen investiert, überwiegend, um Umsatzsteigerungen zu erreichen. Tatsächlich erzielten aber nur 23 Prozent einen messbaren Effekt, wie aus der aktuellen Studie „Global Pricing & Sales Study 2017 – Fokus Automobilzulieferer“ der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners hervorgeht. Nur zwölf Prozent in der Branche sind „digitale Helden“.

„Drei von vier Automobilzulieferer schaffen es nicht, ihren Umsatz durch Digitalisierung zu steigern“, berichtet Dr. Clemens Oberhammer, Managing Partner bei Simon-Kucher. Das schmerze doppelt, da für die Initiativen oftmals viel Geld ausgegeben werde. Die meisten Unternehmen scheitern schlicht, weil sie an den falschen Digitalisierungsthemen arbeiten. Laut der Studie erzielen Automobilzulieferer den größten Umsatz mit Initiativen zur Veränderung des Marktzugangs sowie zur Monetarisierung digitaler Produkte. Doch das sind die Maßnahmen, in die am wenigsten (zwölf Prozent beziehungsweise 14 Prozent) investiert wird. „‘Blinde‘ Aktionen und kurzfristige Maßnahmen führen bei der Digitalisierung zu nichts“, weiß Oberhammer. Unternehmen benötigten eine integrierte Strategie und eine durchdachte Roadmap, um das Potenzial der Digitalisierung voll auszuschöpfen.

Zweithöchster Preisdruck in der Branche

Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigt: 96 Prozent der Automobilzulieferer haben in den vergangenen zwei Jahren einen zunehmenden Preisdruck wahrgenommen. „Der Preisdruck auf Automobilzulieferer ist damit der zweithöchste unter allen 35 von uns betrachteten Industrien“, erklärt Andreas Hudelmaier, Director im Bereich Automotive Supplier bei Simon-Kucher. Als Gründe für höheren Preisdruck nennen die Befragten vor allem den Niedrigpreiswettbewerb (61 Prozent), die höhere Verhandlungsmacht des Kunden (53 Prozent) und eine höhere Preistransparenz (47 Prozent).

„Die Ursache hierfür liegt im extrem professionellen Einkauf der OEMs. Sie sind sehr erfolgreich darin, Preisdruck aufzubauen beziehungsweise. zu suggerieren“, so Hudelmaier. Zulieferer sollten die Digitalisierung deshalb nutzen, um dem steigenden Preisdruck zu begegnen. Sie müssten vor allem in ihre Vertriebsteams investieren und deren Effektivität steigern. „Sie sollten zum Beispiel einen optimalen Verhandlungsprozess etablieren, der bereits vor dem eigentlichen RFQ (Request For Quotation) beginnt und diesen positiv beeinflusst“. Ein gutes CRM-System unterstütze diese Aktivität. Zudem müssten in der Verhandlungsvorbereitung alle relevanten Aspekte systematisch beleuchtet werden. Dies sicherzustellen funktioniere am besten durch den Einsatz von pragmatischen Tool-Lösungen. Auf diese Weise könnten Zulieferer den OEMs auf Augenhöhe begegnen.

Auf der Überholspur: die „digitalen Helden“

Nur zwölf Prozent aller Automobilzulieferer sind bei der Digitalisierung „Best-in-Class“. Diese „digitalen Helden“ zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihren Umsatz durch Digitalisierung steigern und Preiskriege vermeiden. Das zahlt sich auf den Gewinn aus: Ihr EBITDA ist durchschnittlich 26 Prozent höher als das anderer Unternehmen. „Digitale Helden sind überlegen in Strategie, Marketing, Vertrieb und Preisgestaltung“, fasst Clemens Oberhammer zusammen. Sie konzentrierten sich auf Umsatzsteigerungen, nicht auf Kostensenkungen, hätten eine Digitalisierungsstrategie und einen konkreten Fahrplan dafür. Ebenso setzten sie mehr Ressourcen im Preismanagement ein, um den Vertrieb bei der Preisfindung zu unterstützen. (ig)