Digitalisierung gut für Marktkapitalisierung

 Digitalisierung gut für Marktkapitalisierung

Im Zeitalter der Industrie X.0 bestehe die Herausforderung für Unternehmen darin, den technologischen Wandel sowohl für effizientere Prozesse wie auch den Aufbau neuer Geschäftsmodelle zu nutzen. Foto: Accenture

Unternehmen, die digitale Technologien in der richtigen Art und Weise kombinieren, könnten ihre Marktkapitalisierung im Durchschnitt um fünf Milliarden Euro steigern. Das zeigt eine Studie des Beratungsunternehmens Accenture, welche die Auswirkungen der zehn wichtigsten Zukunftstechnologien auf die finanzielle Performance von Unternehmen in acht Leitindustrien untersucht. Das von Accenture definierte Konzept der Industrie X.0 – es steht für die digitale Neuausrichtung der fertigenden Industrien – ist bereits ein wichtiges Thema auf der Agenda der Unternehmen.

Das für die Berechnung der wirtschaftlichen Effekte erstellte Modell beruht auf einer Umfrage unter Entscheidungsträgern aus mehr als 900 Großunternehmen in 21 Ländern. Diese ergab unter anderem, dass lediglich 13 Prozent der Befragten davon überzeugt sind, dass ihr Unternehmen durch digitale Technologien bereits die Effizienz steigert oder neue Einnahmequellen erschließt. Die Investitionen zahlen sich also im geschäftlichen Sinne noch nicht aus. Accenture sieht die Ursache dafür vor allem in einer fehlenden übergeordneten Strategie. Investitionen in digitale Technologien erfolgen der Beratung zufolge noch zu häufig punktuell und schrittweise. „Transformationale“ Wertsteigerungen sind dadurch kaum zu realisieren.

Für das Modell analysierte Accenture daher außerdem, wie Unternehmen einzelne Technologien kombinieren sollten, um die besten Ergebnisse hinsichtlich Kostensenkung und Wertsteigerung zu erreichen. Dafür wurden ausschließlich Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 850 Millionen Euro aus der Automobil-, Chemie-, Konsumgüter-, Dienstleistungs-, Elektronik- und High-Tech-, Energie-, Life-Sciences- sowie der Versorgungsindustrie betrachtet. Die Auswirkungen folgender Technologien auf Unternehmen wurden für die Studie näher untersucht: 3D-Druck, Künstliche Intelligenz (KI), Augmented und Virtual Reality (AR/VR), autonome Roboter, selbstfahrende Autos, Big Data Analytics, Blockchain, Digital Twin, maschinelles Lernen und mobile Computer.

Mit Kombination aus Virtual Reality, Big Data und KI profitieren

Die vielversprechendsten Technologie-Kombinationen variieren je nach Branche. So könnten Industrieausrüster und Maschinenbauer etwa durch den kombinierten Einsatz von Robotik, KI, Blockchain, Big-Data- und 3D-Druck-Technologien die Produktivität der Mitarbeiter deutlich erhöhen. Das führt zu theoretischen Kosteneinsparungen in Höhe von 36.500 Euro pro Angestelltem. Die untersuchten Energieunternehmen würden hingegen am deutlichsten von einer Kombination aus Virtual Reality, Big Data und KI profitieren. Durch den Einsatz dieser drei Technologien würde ihre durchschnittliche Marktkapitalisierung um etwa 13 Milliarden Euro zulegen.

Für die Unternehmen steht nach Meinung von Accenture allerdings viel mehr auf dem Spiel als nur die Transformation hin zu digitalen Akteuren. „Um wirklichen Mehrwert aus den neuen Technologien ziehen zu können, müssen sie ihre Geschäftsmodelle sowie Produktions- und Wertschöpfungsketten ganz neu erfinden”, so Frank Riemensperger, Vorsitzender der Geschäftsführung der Accenture Ländergruppe Deutschland, Schweiz und Österreich. Dabei reiche es längst nicht mehr, nur auf eine Technologie zu setzen, um zu den Vorreitern zu zählen. Im Zeitalter der Industrie X.0 bestehe die Herausforderung für Unternehmen darin, den technologischen Wandel sowohl für effizientere Prozesse wie auch den Aufbau neuer Geschäftsmodelle zu nutzen. Das bedeute, mit den unterschiedlichsten Technologien zu experimentieren, den Nutzen je nach Einsatzszenario zu bewerten und offen für den damit einhergehenden Wandel der Unternehmenskultur zu sein.

Industrie X.0 ist bereits heute ein wichtiges Thema

Industrie X.0 steht laut Accenture für die digitale Neuausrichtung der fertigenden Industrien. Der Begriff bezeichnet den Einsatz neuer Technologien, mit dem Ziel, alle Aspekte eines Unternehmens zu transformieren. Dazu gehören das eigene Kerngeschäft, die Qualifikation der Mitarbeiter, die Kundenerfahrung sowie die Geschäftsmodelle. Das führe zu großen Effizienzgewinnen bei Forschung und Entwicklung, der Konstruktion, der Fertigung sowie der Unterstützung von Geschäftsabläufen durch integrierte Prozesse, Systeme, Sensoren und neue datenbasierte Erkenntnisse. Personalisierung und neue immersive Technologien in Verbindung mit Augmented und Virtual Reality hingegen führen laut Accenture zu verbesserten Erlebnissen am Arbeitsplatz sowie für die Kunden. Durch smarte, vernetzte Produkte, Dienstleistungen und Produktionsanlagen entstünden neue Geschäftsmodelle und Einnahmequellen, die wiederum erst durch neue Ökosysteme ermöglicht würden.

Industrie X.0 ist bereits heute ein wichtiges Thema auf der Agenda der Unternehmen, wie die dem Modell zugrundeliegende Accenture-Untersuchung zeigt: Demnach gaben vier von fünf befragten Managern (80 Prozent) an, dass sie sich vom Einsatz neuer Technologien zugleich Effizienzgewinne, Wachstum und bessere Nutzer- beziehungsweis Kundenerfahrungen erhoffen. 64 Prozent sind der Ansicht, dass ihr Unternehmen nur dann langfristig erfolgreich sein wird, wenn es die einzelnen Bestandteile der digitalen Wertschöpfung zum eigenen Vorteil nutzt. Jedoch gilt der Mangel an Talenten als eine der größten Hürden auf dem Weg zu diesem Ziel. So verfügt knapp ein Drittel der Unternehmen (29 Prozent), die Innovationen basierend auf vernetzten und intelligenten Produkten anstreben, nicht über die nötigen digitalen Fähigkeiten in der Belegschaft und müssen ihre Innovationsbemühungen deshalb zurückstellen.

Balance zwischen der Transformation des Kerngeschäfts und dem Aufbau neuer Geschäftsfelder

Die meisten Entscheidungsträger in den Unternehmen, mit denen Accenture zusammenarbeitet, haben die Bedeutung der Digitalisierung verstanden. „Sie sehen das große Potenzial digitaler Technologien als Motor von Transformation und Wachstum und investieren deshalb in mehrere der bedeutendsten Zukunftstechnologien”, so Frank Riemensperger. Allerdings gelinge es vielen Unternehmen bisher nicht, mit diesen digitalen Investitionen die erhofften Ergebnisse zu erreichen. Dabei scheiterten sie oft an der Herausforderung, die richtige Balance zwischen der Transformation des Kerngeschäfts und dem Aufbau neuer Geschäftsfelder zu treffen. Letzteres erfordere neue Talente, neue Fähigkeiten und neue Führungskompetenz für die Gestaltung dieses Wandels.

Für die Arbeitnehmer ist die Entwicklung hin zur Industrie X.0 nach Aussage von Accenture eine gute Nachricht: Die digitalen Technologien würden zahlreiche neue Arbeitsplätze schaffen, die durch die Neuausrichtung der Unternehmen und den Aufbau neuer Geschäftsfelder entstünden. Die Studie geht davon aus, dass die heutigen Berufsprofile durch vernetzte und intelligente Produkte, Systeme und Fertigungsanlagen nicht nur um neue Aufgaben ergänzt werden, sondern auch komplett neue Arbeitsfelder entstehen. Mehr als die Hälfte der befragten Führungskräfte (55 Prozent) geht davon aus, dass die Zahl der neu geschaffenen Berufsfelder, die der im Zuge des Wandels wegfallenden Jobs überwiegt. Annähernd ebenso viele Führungskräfte (56 Prozent) sind überzeugt, dass heutige Berufsprofile zukünftig um neue Aufgabenfelder erweitert und sich weiter entwickeln werden. (ig)