Maschinelles Lernen im Maschinenbau noch Mittel zum Zweck
Das Thema „Künstliche Intelligenz“ ist derzeit in aller Munde – obwohl kaum jemand eine genaue Vorstellung davon hat und eher die Angst vor „denkenden“ Maschinen die Diskussion bestimmt. Strategien wie „Industrie 4.0“, das „Internet der Dinge“ sind ohne leistungsstarke, lernfähige Systeme im Hintergrund nicht möglich. Doch Aufklärung tut not. Besonders, wenn es um das Thema des „maschinellen Lernens“ und dessen Umsetzung im Umfeld der industriellen Fertigung geht.
Das Thema „Künstliche Intelligenz“ (KI) ist vielschichtig und nur in Teilaspekten derzeit für die industrielle Fertigung interessant. Im Wesentlichen geht es darum sich wiederholende Muster zu erkennen und über intelligente Algorithmen vorausschauend zu handeln. Dazu werden große Datenspeicher und hohe Rechenleistungen benötigt. Die Experimente mit Großcomputern, die beim Schach oder Go sogar Großmeistern überlegen waren, sorgen für einen Hype, der sich im Alltag noch nicht überall wiederfindet. Jüngst zeigte Festo den „Elefantenrüssel“, einen intelligenten bionischen Handling-Assistenten, um Interessierten einen Eindruck davon zu vermitteln, wie der Mensch in der Fabrik von morgen mit Maschinen einfach, effizient und vor allem sicher interagieren kann.
Nicht nur in etablierten Unternehmen tut sich etwas. Auch innovative Start-ups tragen ihren Teil zu Entwicklung bei. So hat sich „Sensosurf“, 2016 als Spin-Off des Lehrstuhls für Mikrosensoren, – aktoren und -systeme (IMSAS) an der Uni Bremen gegründet, auf die Fahnen geschrieben, „Technologien der Mikrosystemtechnik in die rauen Umgebungsbedingungen des Maschinenbaus zu transferieren“. Hierzu werden Sensoren direkt in Standard-Maschinenkomponenten integriert.
Maschinelles Lernen schützt vor Bedienfehlern
Dazu gehören etwa Flansch- und Stehlager, Linearführungen und Gewindestangen. Für die Datenauswertung wird maschinelles Lernen eingesetzt, um Informationen über Maschine und Prozess zu nutzen. Dabei sind die Verantwortlichen sicher, dass der Nutzwert der gewonnenen Informationen von Anfang an hoch sein muss, um potenzielle Kunden zu überzeugen. Überzeugt würden Maschinenhersteller derzeit vor allem dadurch, dass die Maschine durch „Maschinelles Lernen“ in der Lage ist, sich vor Bedienfehlern zu schützen. Auch können die gewonnenen Daten genutzt werden, um etwa ungerechtfertigte Gewährleistungsansprüche abzuwehren.
Neben den Bereichen „predictive maintenance“ (vorausschauende Wartung), Zustandsüberwachung und Qualitätsmanagement können selbst lernende Systeme aber auch das Energiemanagement voranbringen. Auf der EMO Hannover 2017 stellt das in München ansässige Unternehmen Gerotor erstmalig seinen Hochleistungs-Energiespeicher HPS vor, der mit Hilfe intelligenter Algorithmen die Energie- und Anschlusskosten reduzieren soll. Die Idee für das Produkt stammt aus der Formel 1, genauer von dem dort eingesetzten KERS (Kinetic Energy Recovery System). Das System wurde den Rennwagen seinerzeit aus Gründen des Umweltschutzes verordnet, da es die Energie, die bei den brachialen Bremsmanövern entsteht, über ein rotierendes Schwungradsystem wieder an die Antriebsachse zurückgibt.
Formel-1-Technik für Werkzeugmaschinen
Die Gerotor-Gründer sahen großes Potenzial darin, „diese effiziente und zudem noch verschleißfreie Technik nicht nur für Autos, die im Kreis herumfahren, zu nutzen“. Auf der Suche nach einer Anwendung, bei der ebenfalls viel und oft, gar im Sekundentakt stark gebremst und beschleunigt wird, wurde man bei Werkzeugmaschinen und Werkzeugspindeln fündig. Die Vorteile einer Digitalisierung und Vernetzung des Energiespeichers drängten sich auf. Direkt an die Anlage angekoppelt, ohne einen eigenen Stromanschluss zu benötigen, steigert der neue Energiespeicher die Effizienz der gesamten Anlage durch Energierückgewinnung, Spitzenglättung und Digitalisierung. Dazu misst das System alle Ströme und Zyklen, erfasst Daten und Informationen, verbessert eigene Algorithmen und zieht Schlüsse. Während mit klassischen Regelstrategien Energieeinsparungen von maximal 10 bis 25 Prozent zu erzielen sind, dürften Anwender mit intelligenten Strategien etwa den doppelten Einspareffekt erreichen ist man bei Gerotor überzeugt. Das Konzept des maschinellen Lernens spielt momentan in Kundengesprächen praktisch keine Rolle, die seien in der Regel auf der Suche nach einen schnellen ROI (return on investment). (ig)