EMI: Deutsche Industrie setzt Wachstum auch im Juli fort

 EMI: Deutsche Industrie setzt Wachstum auch im Juli fort
Trotz leichter Abschwächung verzeichnete die deutsche Industrie im Juli weiter ein solides Wachstum. Verringert haben sich gegenüber dem Vormonat allerdings die Zuwächse bei Produktion, Auftragseingang und Beschäftigung, wenngleich die entsprechenden Teilindizes des IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) weiter auf hohem Niveau notieren.

Der EMI gab zwar binnen Monatsfrist um 1,5 Punkte auf 58,1 nach und landete damit sogar auf einem Fünfmonatstief – doch der wichtige Konjunktur-Indikator bewegt sich auch bereits seit 32 Monaten über der neutralen Marke von 50 Punkten, ab der Wachstum signalisiert wird: Das ist der zweitlängste Zeitraum ununterbrochenen Anstiegs seit Umfragebeginn vor 21 Jahren.

Im Sommer nur minimale Abkühlung

„Die deutsche Industrie hat im Juli leicht an Dynamik verloren. Dennoch expandierte das Verarbeitende Gewerbe weiter mit hohem Tempo“, betont Dr. Silvius Grobosch, Mitglied des geschäftsführenden Bundesvorstandes des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME). „Im Auge behalten müssen wir die Entwicklung der Einkaufspreise, die bereits den 13. Monat in Folge zulegten“, fügt Grobosch hinzu.

„Wie nicht anders zu erwarten, hat der EMI zuletzt leicht nachgegeben“, kommentiert Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, die aktuellen EMI-Daten. Das Wachstum der deutschen Industrie sei nach Einschätzung der Bankdirektorin weiterhin gut, „aber die Bäume wachsen nun mal nicht in den Himmel. Wer sich das gewünscht haben sollte, hat offensichtlich nichts aus der Finanzkrise gelernt. So wie der deutsche Leitindex DAX von seinem überbewerteten Niveau derzeit korrigiert, vollzieht auch der EMI eine Regression zur Mitte. Das heißt nichts anderes, als dass sich der solide Wachstumspfad fortsetzen wird.“

Nach Ansicht von Dr. Ulrich Kater, dem Chefvolkswirt der DekaBank, „läuft die deutsche Konjunktur gut, vielleicht sogar sehr gut, aber bei weitem nicht so gut wie es viele Stimmungsindikatoren derzeit nahelegen.“ Eine Korrektur der Stimmungsindikatoren sei wahrscheinlich; möglicherweise gäben die Querelen um die deutsche Automobilindustrie dazu den Startschuss, der im Sommerloch besonders laut halle, so Kater: „Eine solche Abwärtskorrektur wäre aber nicht der Anfang vom Abschwung und damit der Start auf dem Weg in die nächste Rezession. Es wäre lediglich die Rückkehr des Realismus.“

„Das Industriewachstum setzt sich fort. Es steht weiterhin auf außergewöhnlich breiter Basis“, kommentiert DIHK-Konjunkturexpertin Sophia Krietenbrink die aktuellen EMI-Daten. Der Konsum profitiere von der guten Beschäftigungsentwicklung und von geringen Preissteigerungen. Zusätzlich kämen von Investitionen und Exporten positive Impulse. „Die Ausfuhren in fast alle wichtigen Absatzmärkte steigen – mit Ausnahme der Türkei und UK. Insgesamt sind viele Unternehmen jedoch vor allem deshalb zufrieden, weil die Wirtschaft schon so lange wächst – nicht, weil sie besonders stark wächst.“

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick

  • Industrieproduktion: Die 51. Produktionssteigerung in Folge fiel im Juli zwar schwächer aus als in den zurückliegenden fünf Monaten, blieb aber dank des hohen Zuwachses beim Auftragseingang insgesamt stark. Spitzenreiter war diesmal der Konsumgüterbereich.
  • Auftragseingang: Der Auftragseingang wies im Berichtsmonat zum 32. Mal hintereinander ein Plus aus – so lang wie nie zuvor in der bisherigen Umfragegeschichte. Trotz anhaltend kräftiger Nachfrage von wichtigen Exportmärkten sank der Teilindex im Juli auf ein Fünfmonatstief. Das Exportorderplus verringerte sich ein weiteres Mal und landete auf einem Fünfmonatstief. Dass die Zuwachsrate dennoch erneut höher ausfiel als in den zurückliegenden sechs Jahren lag an der robusten Nachfrage aus Europa, China und weiteren asiatischen Ländern.
  • Beschäftigung: Die Beschäftigung legte im Juli abermals überdurchschnittlich stark zu, der entsprechende Teilindex notiert aktuell auf dem dritthöchsten Wert seit Mai 2011. Seit April 2016 hält der Jobaufbau nun bereits ununterbrochen an.
  • Einkaufs-/Verkaufspreise: Wegen anhaltender Lieferengpässe, aber auch Verknappungen von Vormaterial legten die Einkaufspreise nicht nur den 13. Monat in Folge zu, der Anstieg beschleunigte sich gegenüber Juni sogar nochmals leicht. Die Inflationsrate lag jedoch unter den zwischen Dezember und Mai erreichten Werten. Die 11. Anhebung der Verkaufspreise in Folge fiel im Berichtsmonat schwächer aus als in den zurückliegenden fünf Monaten. Dass die Steigerungsrate dennoch hoch blieb lag daran, dass zahlreiche Unternehmen die Kostenanstiege an ihre Kunden weitergaben, insbesondere die Konsumgüterhersteller.
  • Jahresausblick: Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist fallen nicht mehr ganz so optimistisch aus wie im Juni, bleiben aber insgesamt ausgesprochen positiv. Mehr als ein Drittel der Befragten verspricht sich vom prächtigen Konjunkturverlauf, neuen Projekten und gut gefüllten Auftragsbüchern weiter gute Geschäfte. Lediglich knapp 5 % der Umfrageteilnehmer rechnen bis Juli 2018 mit Geschäftseinbußen und begründen dies mit der sich wahrscheinlich abschwächenden Konjunktur, den weltweiten Krisenherden und der schwer zu berechnenden US-amerikanischen Politik.

Über den EMI

Der IHS Markit/BME Einkaufsmanager Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird vom Anbieter von Unternehmens-, Finanz- und Wirtschaftsinformationen IHS Markit mit Hauptsitz in London erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, und Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager‘s Index (Markit U.S.-PMI).

Frank Rösch ist Leiter Presse und Kommunikation beim Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME).