Studie belegt Vorreiterrolle des Maschinenbaus bei Losgröße 1

 Studie belegt Vorreiterrolle des Maschinenbaus bei Losgröße 1
Bessere Individualisierbarkeit von Produkten, bis hin zur Losgröße 1: Das ist eine wesentliche Errungenschaft von Industrie 4.0. Noch sind viele Industrieunternehmen unsicher, wie sie die individualisierte Fertigung stemmen können – bei rund 45 % ist sie aber bereits treibendes Motiv der digitalen Transformation. Vorreiter beim Thema Losgröße 1 ist der Maschinen- und Anlagenbau.

Aus diesem Segment streben schon zwei Drittel der Firmen nach der neuen Individualisierungsstufe, wie aus dem aktuellen Deutschen Industrie 4.0 Index hervorgeht. Für die bereits dritte Auflage der Erhebung hat die Unternehmensberatung Staufen im vergangenen Jahr 277 Industrieunternehmen in Deutschland befragen lassen.

Losgröße 1: Trotz Herausforderungen weiter im Kommen
Dass gerade der Maschinen- und Anlagenbau vorangeht, ist keine Überraschung – schließlich zeichnet sich diese Branche traditionell durch vergleichsweise niedrige Stückzahlen und die Anpassung nach Kundenanforderung aus. Industrie 4.0 hebt dieses Prinzip jedoch auf eine ganz neue Stufe. Der Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf etwa kann infolge der digitalen Transformation bereits Losgröße 1 anbieten: Ausgehend von der kundenseitigen Konfiguration im elektronischen Frontend erhält der Kunde hier individuell-maßgeschneiderte Stanzwerkzeuge. Auch andere Branchen wie die Elektroindustrie ziehen erkennbar nach.
So erfolgreich einzelne Unternehmen mit der Losgröße 1 bereits sind – vielen Betrieben steht noch ein harter Weg bevor. Industrie 4.0-Konzepte entfalten erst dann ihr ganzes Potenzial, wenn die gesamte Wertschöpfungskette einbezogen wird: „In gewachsenen Betrieben bestehen vielerorts digitale Brüche, Schnittstellen also, über die Maschinen nicht autark kommunizieren können. Erst eine durchgängig homogene IT-Infrastruktur von Administration über Fertigungsroboter bis hin zum Produkt ermöglicht wirtschaftliche Individualisierungsstrategien“, so Thomas Rohrbach, Geschäftsführer von Digital Workx, der auf Industrie 4.0 spezialisierten Strategieberatung von Staufen.
Digitalisierung als Standortvorteil
Ein Nebeneffekt der digitalen Transformation: Hochlohnstandorte könnten wieder attraktiver werden. Nach Einschätzung der Studienteilnehmer wird der Mensch in zehn Jahren nur noch zu 40 % an der Wertschöpfung beteiligt sein, der Großteil entfällt also bald auf Maschinen. Durch den sinkenden Anteil von Lohnkosten an den Gesamtkosten könnten Unternehmen – auch vor dem Hintergrund ortsnaher, agiler Supply Chains – den Produktionsstandort Deutschland wieder für sich entdecken. Daran glauben immerhin 78 % der für den Deutschen Industrie 4.0 Index Befragten.
„Allerdings muss man hier differenzieren. Losgröße 1 kann zwar eine Renaissance des Standorts Deutschland bewirken, doch das ist kein Automatismus. Höherwertige Leistungen müssen auch besser bezahlt werden. Unternehmen müssen sich also genau überlegen, welche Produkte und Geschäftsmodelle für ihre Kunden relevant sind“, gibt Thomas Rohrbach zu bedenken.
Trotz weiterer Automatisierung und zunehmend autarken Maschinen – ohne Menschen wird es in der Industrie auch in Zukunft nicht gehen. Berufsbilder allerdings wandeln sich: „Auch der ‚einfache Arbeiter‘ muss Prozesskompetenz erwerben und zum Spezialisten seines Arbeitsplatzes werden“, ist Thomas Rohrbach überzeugt. „Gleichzeitig müssen Führungskräfte digitale Kompetenz erwerben und einen kooperativeren Führungsstil entwickeln, um Innovationspotenziale der Beschäftigten freizusetzen.“
Der „Deutscher Industrie 4.0 Index“ kann bei der Firma Staufen angefordert werden; Ansprechpartnerin ist Fr. Kathrin Kurz (k.kurz@staufen.ag).
Claudia Thöring ist Kommunikationsberaterin in Hamburg.