Auf dem Weg zur Null-Fehler-Zerspanung

 Auf dem Weg zur Null-Fehler-Zerspanung
Schon kleinste Fremdkörper zwischen Spindel und Werkzeugaufnahme können die Ursache für ungenau eingespannte Bohr- oder Fräswerkzeuge sein – und das bedeutet Ausschussteile und Produktionsstillstände. Sensorgestützte Überwachungssysteme können das verhindern. Was sie leisten und wie sie sich weiterentwickeln lassen, zeigt eine aktuelle Studie des Fraunhofer IWU.

Die Turbinenscheiben von Flugzeugtriebwerken müssen hochpräzise gefertigt sein, um effizient zu arbeiten und höchste Sicherheit zu gewährleisten. Diese Genauigkeit lässt sich erreichen, wenn die Bauteile spanend hergestellt werden. Die Präzision einer Fräsmaschine geht jedoch verloren, sobald Späne in die Werkzeugschnittstelle geraten. Dort lagern sie sich an den Auflageflächen ab – und bereits wenige hundertstel Millimeter große Partikel reichen, um zu einer signifikanten Fehlstellung des Bohr- oder Fräswerkzeugs zu führen. Die Folge: Ausschussteile oder gar Maschinenstillstände, die besonders im Fall der kostenintensiven Turbinenscheiben teuer werden können.

Hochgenaue Überwachungssysteme vermeiden Fehler
Abhilfe können hochgenaue Sensorsysteme schaffen, die kontinuierlich den Zustand von Werkzeugspindeln überwachen. Die Messtechnik erfasst den Versatz des Werkzeugs mikrometergenau; das System registriert eine Abweichung und gibt eine Fehlermeldung aus, noch bevor überhaupt Fehlteile gefertigt wurden.
Was derartige Anlagen leisten, hat jetzt das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU untersucht. „Wer in solche Überwachungssysteme investiert, arbeitet wesentlich wirtschaftlicher“, sagt Oliver Georgi, Wissenschaftler am Fraunhofer IWU. „Das gilt vor allem für den Bereich der hochautomatisierten Serienfertigung und bei hohen Genauigkeitsanforderungen.“
Die Wirtschaftlichkeit konnten die Fraunhofer-Forscher anhand einer Vorhersage der Amortisierungszeit aufzeigen: Je nach Anwendungsfall und System beträgt sie zwischen einem und fünf Jahren. Analysen zum Marktpotenzial ergaben zudem ein breites Anwendungsgebiet von der Luftfahrtindustrie über den Automobilbau bis hin zum Werkzeugbau.
Beitrag zur Weiterentwicklung von Überwachungssystemen
Um die verschiedenen Sensorkonzepte hinsichtlich ihrer Eignung zu beurteilen, ermittelten die Forscher mit Hilfe einer Strömungssimulation der weit verbreiteten Blasluftreinigung, wo die Verschmutzungen an den Anlageflächen der Werkzeuge am wahrscheinlichsten auftreten. Außerdem konnten Oliver Georgi und seine Kollegen mit der Simulation der Größe und Position von Fremdkörpern deren konkreten Einfluss auf den Rundlauffehler des Werkzeugs bestimmen. Daraus ließ sich auf die optimale Verteilung der Sensoren schließen. Die Wissenschaftler konnten so einen entscheidenden Beitrag zur Weiterentwicklung und Einordnung der Technologien leisten, die sich in den Kontext von Industrie 4.0 einreihen.
Erstellt wurde die Studie in Zusammenarbeit mit der Ott-Jakob Spanntechnik GmbH. Deren radar-basiertes Überwachungssystem Planko kam im Rahmen der Studie zum Einsatz, um selbst minimale Abweichungen von der optimalen Werkzeugpositionierung zu ermitteln.
Auch wurde auf Grundlage der Studie ein Buch mit dem Titel „Planko. Hintergrundinformationen zum Assistenzsystem »Werkzeugplananlagenkontrolle«“ veröffentlicht. Es kann kostenlos bei Ott-Jakob angefordert werden
Martin Lamß zeichnet am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich.